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1) es sollten fortan nicht mehr Consulartribunen, sondern nur
Consuln und einer stets aus den Plebejern gewählt werden; 2) von
dem ager publicus — der also nun auch den Plebejern zugänglich
wurde — sollte kein Bürger mehr als 500 jugera occupieren und
keiner mehr als 100 Stück großes und 500 Stück kleines Vieh
darauf weiden laßen dürfen. 3) Tilgung der Schulden durch Er¬
leichterung der Zahlung (tabulae novae). 4) Verpflichtung für
jeden Gutsbesitzer eine Anzahl freier Arbeiter neben den Sklaven
zu beschäftigen. Bei fortgesetztem Widerstand fügten sie 369 hin¬
zu : 5) daß die sibyllinischen Bücher zehn Männern, und zwar zur
Hälfte Plebejern, anvertraut werden sollten. Nicht ohne Gewalt
(nach sichern Nachrichten) giengen endlich die Vorschläge durch
und 366 ward L. Sextius der erste plebeische Consul.
Die leges Liciniae bewirkten, wenn schon nicht alle Unter¬
schiede zwischen den beiden Ständen hinweggeräumt waren, doch
die Ausgleichung in den wesentlichsten Dingen und bahnten die
vollständige an. Dadurch hörte 1) die innere Zwietracht auf, ent¬
stand 2) nach Wegfall der Geburtsvorrechte in beiden Ständen das
Streben nach Auszeichnung als dem einzigen Mittel emporzukom¬
men ; 3) bildete sich bei allen Bürgern das gleiche lebendige Interesse
für die Macht und Ehre des Staats. Die socialen Misstände wur¬
den zwar nicht gründlich gehoben, aber durch die nun rasch er¬
folgenden Erobrungen und dadurch notwendig werdenden Kolo¬
niestiftungen gemildert und bei der herschenden Einfachheit der
Sitten ihrer erbitternden Wirkungen beraubt. Die Regierungsge¬
walt ruht fortan in Wahrheit in den Händen des Senats, dessen
fester und weiser Leitung Rom seine Größe verdankt.
Die Patricier behielten sich zwei neue Magistrate vor: 1) die
praetura zur Leitung des Rechts- und Gerichtswesens, dessen
ihr Stand allein kundig war; 2) die aedilitas curulis zur Be¬
sorgung der Spiele (daher später Mittel zur Gewinnung der Volks¬
gunst) und der Marktpolizei.
Zweite Periode der Republik. Von den Licinischen Gesetzen
bis zur Unterwerfung Mittel- und Unteritaliens 366—266.
Innere Entwicklung.
§ 131. Die völlige Ausgleichung des Ständeunter¬
schieds erfolgte in raschem Fortschritt. Die curulische Aedi-
lität ward sehr bald den Plebejern zugänglich. 356 war G. Mar-
cius Rutilus der erste plebeische Dictator, 351 derselbe der
erste plebeische Censor, worauf 339 durch die publilischen Ge¬
setze (s. unten) die stete Besetzung der einen Censorstelle aus
der plebes gesetzlich ward. Schon vorher 342 hatten die Plebejer
das Recht zu beiden Consulstellen erlangt. 337 bekleidete als der
erste Plebejer Q. Publilius Philo die Prätur. Endlich räumte
300 die lex Ogulnia (von Q. u. Gn. Ogulnius beantragt) die