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B. Erste Periode des Mittelalters.
476—843. Vom Untergang des weströmischen Reichs
bis zur Auflösung der Monarchie Carls d. Gr. im
Vertrage von Verdun 843.
I. Germanische Reiche in Italien.
476—493.
§ 27. 1. Das Reich Odovakars. Odovakar regierte
erst im Namen des oströmischen Imperators Nepos (f 480), dann
als patricius selbständig. Er behielt die römischen Einrichtungen
bei (Wiederherstellung des Consulats) und zeigte sich als Arianer
duldsam gegen die katholische Partei. Durch glückliche Feld-
ziige nach Noricum (Vernichtung der Rugier) und Dalmatien
sicherte er den Besitz der Donauprovinzen.
§28. 2. Das Reich der Ostgothen 493—553. Theo¬
dor ich, König der Ostgothen (Sohn des Theodomir, am ost¬
römischen Hofe erzogen, seit dem Tode des Vaters 475 König)
bricht 488 mit seinem ganzen Volke aus Pannonien und Mösien
auf, vom oströmischen Kaiser Zeno mit der Vollmacht zur
Herrschaft über Italien ausgestattet. Bei Sirmium schlägt er
488 die ihm den Weg verlegenden Gepiden, dann in 3 blutigen
Schlachten, am Isonzo und bei Verona 489, an der Adda 490
den Odovakar. Während dieser in dem festen Ravenna sich hält,
erobert Th. ganz Italien, gewinnt von den Vandalen Sicilien
und kehrt zur Belagerung von Ravenna zurück. Nach drei¬
jähriger tapferer Verteidigung ergibt sich Odovakar, wird aber
gegen die Bedingungen des Vertrags getödtet. 493.
Theodorichs Reich, dem Namen nach unter oströmischer
Oberhoheit, in' Wahrheit ganz unabhängig, umfasste Italien,
Sicilien, die Donauprovinzen, später auch die Provence (§ 40) und
sollte den Einigungs- und Mittelpunkt aller germanischen Völker
bilden, deren Fürsten Theodorich durch Heiratsverbindungen
und Verträge zu einem grofsen Friedensbund zu einigen und
höherer Kultur entgegenzuführen suchte. Residenzen waren
Ravenna und Verona (Dietrich von Bern). Die Verwaltung
des Reichs blieb auf den von Constantin d. Gr. gelegten
Grundlagen, die Behörden wurden meist mit Römern besetzt. Völlig
abgesondert safsen auf einem Dritteil des Bodens die in 14 Lager¬
bezirke verteilten Gothen (200,000 streitbare Männer) unter
eigenen Befehlshabern in Krieg und Frieden, bestimmt für den
AVaffendienst, während die bürgerliche Verwaltung den Römern
verblieb, (für Rechtsstreitigkeiten zwischen Gothen und Römern
das edictum Theodorici 506). Der König, ohne gelehrte
Bildung, doch von lebhaftem Sinn für höhere Interessen, umgab
sich mit gelehrten Römern (sein erster Vertrauter Cassiodorius,
Di et 8 oh, Grundr. II. v. Richter. 2