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Erste Hauptperiode der römischen Geschichte.
Rom unter Königen 754 — 510.
§ 119. Die Grtindungssage1). Romulus und Remus,
Söhne der Rea Silvia, einer Tochter des von seinem Bruder
Amulius verdrängten Königs Numitor von Alba, die von er¬
sterem gezwungen war Vestalin zu werden, und des Kriegsgottes
Mars, in dem Tiber ausgesetzt, aber gerettet, durch eine Wölfin
ernährt und von dem Hirten Faustulus und seiner Gattin Acca
Larentia aufgezogen, setzen ihren Großvater wieder auf den
Thron und erhalten die Erlaubnis eine Stadt zu gründen. Durch
die Anspielen wird Romulus die Ehre zu Teil der Stadt den
Ursprung zu geben. Remus wird von ihm erschlagen.
Romulus, erster König von Rom, gerät durch den Raub
der Weiber in Kriege mit den Nachbarn und besiegt Cänina,
Antemnä und Crustumerium. Aber der Krieg gegen die Sa
biner von Cures unter Titus Tatius wird nur durch die Ver¬
mittlung der Geraubten mit dem Vertrag geendet, daß die Völker
sich in einen Staat unter gemeinschaftlicher Regierung der beiden
Könige vereinen. Nachdem jedoch Titus Tatius zu Laurentum
ermordet worden war, regierte Romulus allein, besiegte Fidenä
und Veii, verschwand bei einem Gewitter und ward als Gott
Quirinus verehrt. — Als Gründungstag feierten die Römer das
Fest der Hirtengöttin Pales (Palilia 21. April), als Jahr gaben
M. Terentius Varro 01. 6, 3 = 754, M. Porcius Cato 01. 7, 1 ----
752 an.
Ergebnisse der Forschung und älteste Verfassung.
Rom ist eine von den Latinern zur Behauptung des Tiberstroms
angelegte städtische Ansiedlung, welche zwar mit ihren Gründern
in Zusammenhang bleibt, aber eine selbständige Entwicklung nimmt.
I. Die Bevölkerung zerfällt in 1. die Bürger, patres oder
patricii, die Hausherrn, allein im Besitz der politischen Rechte,
und 2. die Nichtbürger, entweder a) in einem Dienst- und Schutz¬
verhältnis zu einem der patres stehend, clientes, vielleicht ent¬
standen aus der von den Latinern unterworfenen Bevölkerung,
meist Gewerbtreibende, oder Erbpächter der Patricier, oder o)
ohne solches frei ansässige Grundeigentümer plebes, plebei,
ohne Bürgerrecht, aber zu den Staatslasten verpflichtet.
1) Eine griechische Gründungssage ist die Erzählung von der An
siedelung der von Aeneas geführten flüchtigen Troer m Latium.
Aeneas gründet Lavinium, sein Sohn Iulus Alba longa. Seit dem
ersten pmiischen Kriege wurde diese Sage allgemein geglaubt und of¬
fiziell angenommen.