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Fürsten (die fast alle bei der ersten Reichstags¬
eröffnung durch Wilhelm II zugegen sind), auf das
Übergewicht eines einzelnen, straff verwalteten, einheit¬
lich verbundenen Staates. In der Bundesverfassung1)
ist der Gegensatz zwischen Sondertum und nationalem
Gedanken, zwischen Absolutismus und Parlamentaris¬
mus versöhnt.
2) Es herrscht gleichmäfsige Ordnung und Einheit.
a. Heerwesen (Septennat).
b. Verkehrswesen.
a. Kaiserliche Post und Telegraphie (mit Reservatrechten
Bayerns und Württembergs) und Reichseisenbahnamt.
ß. Staatlich unterstützte Dampferlinien.
■y. Bau des Nord-Ostsee-Kanals.
8. Einheitliche Handelsmarine.
c. Gerichtswesen.
a. Gerichtsverfassung; Reichsgericht in Leipzig,
ß. Gleiche Ordnungen im Straf- wie im Civilprozefs.
d. Münze, Mafs und Gewicht.
e. Zoll-, Patentwesen, Muster- und Markenschutz.
3) Anfang der Volkswirtschaftspflege und Sozial¬
reform2) durch die Arbeiter - Kranken -, Arbeiter-
Unfall-, Alters- und Invaliditäts-Versicherungsgesetze;
1890 Internationale Arbeiterschutzkonferenz in Berlin.
4) Förderung von Kunst und Wissenschaft.
a. Seewarte in Hamburg.
b. Centralkommission der Monumenta Germaniae historica.
c. Archäologische Institute in Rom und Athen (Olympia-
Ausgrabungen).
II. Drohende Gefahr durch sozialistische und kommu¬
nistische Parteibewegung. Das der Mordanfälle auf
Wilhelm I wegen 1878 erlassene Sozialistengesetz wird
jedoch nicht erneuert 1890.
2) J^as ^Weseif der Sozialreform, welche durch die kaiserliche Botschaft vom
17. November 1881 inauguriert wurde, besteht darin, dafs der Staat die wirtschaftlich
stärkere Klasse, welche in unmittelbarer Berührung mit der leidenden Klasse, d h
der Arbeiterklasse steht, also die Arbeitgeber und dann auch m weiterer Folge die
übrigen Klassen oder vielmehr die Gesamtheit zu Opfern zwingt, /^ der Ar¬
beiterklasse zu gute kommen sollen; ein weiteres Charakteristikum der Sozia reform
ist der von Staatswegen ausgeübte Zwang auf die Arbeitgeber und die arbeitenden
Klassen, die schwache Kraft der einzelnen Individuen in Assoziationen oder Or¬
ganisationen zusammenzufassen, welche den notleidenden, an sich schwachen ui l
hilflosen Individuen Hilfe und Stütze gewähren.“ Reichsanzeiger vom 29. Marz 1890.