Full text: Übersichten zur preussisch-deutschen Geschichte

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1782 
1) Es herrscht unbedingte Glaubens-, Denk- und 
Gewissensfreiheit. „Hier mus ein jeder nach seiner 
Fasson selich werden.“ 1740. Der König, selbst Frei¬ 
geist (er schwankt zwischen der Annahme eines blinden 
Geschicks oder einer weisen Vorsehung und wird sich 
nicht klar, ob die menschliche Freiheit und sittliche 
Selbstbestimmung durch göttliche Fügung oder starre 
Naturbedingung beeinflufst wird), ist „neutral zwischen 
Rom und Genf“ und duldet die — durch die Auf¬ 
klärung sonst vertriebenen — Jesuiten in Breslau. 
2) Es wird Redefreiheit gewährt; dafs die Monarchie 
deren Mifsbrauch (das „Räsonnieren“ in Berlin) l) er¬ 
trägt, gilt als Beweis für ihre Vortrefflichkeit. 
3) Die Censur wird gemildert, besonders in bezug 
auf religiöse und philosophische Schriften, und Prefs- 
erzeugnissen des Auslandes ungehinderte Verbreitung 
gestattet. 
4) Alle sind vor dem Gesetz gleich.2) Abschaffung 
der Folter, Unabhängigkeit der Gerichte von der Ver¬ 
waltung. Preufsen wird ein Rechtsstaat und der 
Glaube an die Herrschaft der Gesetze („meine Schuldig¬ 
keit ist, die Gesetze zu unterstützen, aber nicht sie 
umzuwerfen.“ 1769) eine lebendige Macht im Volke. 
Von Friedrichs Geiste getragen ist das all¬ 
gemeine Landrecht (Vorarbeiten dazu seit 1782 
eingeführt 1792). Neben ständischen Vorrechten ist 
auch von allgemeinen Menschenrechten die Rede, 
dem Staatsoberhaupt werden ebensowohl bestimmte 
Pflichten als Rechte auferlegt, die Rechtspflege wird 
gegen fürstliche Machtsprüche gesichert, nicht von 
Unterthanen, nur von Bürgern ist die Rede. 
*) Goethe hörte über den grofsen König „ seine eigenen Lumpenhunde 
räsonnieren. 
2) Der König will, „dafs jedermann, er sei vornehm oder geringe, reich odei 
arm, eine prompte Justiz administriert und einem jeglichen deru Unterthanen 
durchgehends ein unparteiisches Recht widerfahren soll“. Die Justizkollegien 
sollen wissen, „dafs der geringste Bauer, ja was noch mehr ist, der Bettler 
ebensowohl ein Mensch ist, wie S. Majestät sind, und. dein alle Justitz 
mufs widerfahren werden, indem vor der Justitz alle Leute gleich sind. , 1*79 im 
Arnoldschen Prozefs. Vergl. damit die Mahnung an den Nachfolger: „Lr lerne, 
dafs alle Menschen gleich sind und dafs der Vorzug der Geburt nichtsi ist 
als ein Hirngespinst, wenn ihm das Verdienst nicht stützend zur beite stent.
	        
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