Full text: Übersichten zur preussisch-deutschen Geschichte

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des Volkes von Privatmensclien — vgl. § 109 A. und D. 
— und den sowohl partikularen als weltbürgerlichen Ge¬ 
sinnungen) in die organische (mit Anteil des Volkes am 
Staatsleben) wird vorbereitet durch die vom aufgeklärten 
Despotismus als Kulturstaat begründete Macht der Volks¬ 
bildung und des allgemeineren Wohlstandes — den 
Vorbedingungen des konstitutionellen Staates. Friedrich 
bereitet letzteren vor auch durch die Herstellung des 
Gleichgewichts zwischen Macht und Recht des Ganzen 
und Freiheit und Wohlgefühl des Einzelnen. 
B. Für die Entwicklung des geistigen Lebens. 
I. Unmittelbar nur wenig gefördert. 
1) Der preufsische Staat, schnell und mit Anspannung 
aller Kräfte gewachsen, ist einseitig bedacht auf das 
prosaisch Nützliche *), zeigt seine Thatkraft zunächst 
nur auf politisch-wirtschaftlichem Gebiete, steht 
so dem aus dem Bürgertum (unbeteiligt an den 
staatlichen Aufgaben) hervorgehenden geistigen Fort¬ 
schritte anfangs fremd gegenüber (vgl. § 117 C. I.), 
trotzdem diese beiden schöpferischen Mächte der 
neuen deutschen Geschichte dem gleichen Ziele zu¬ 
streben: der Nation Freiheit, Selbständigkeit und 
Selbstgefühl neben den anderen Kulturvölkern zu er¬ 
ringen. 
2) Der König als einseitiger Anhänger des seinem 
Empfinden und Denken durch die vornehme Pracht 
des Pathos, die Klarheit und Schärfe des Ausdrucks 
verwandten französischen Klassizismus steht dem 
Aufschwung der deutschen Litteratur kühl ablehnend 
gegenüber. 2) 
J) „Für alles Andere wufste der Sparsame leichter Ratj(zu schaffen als für 
die Zwecke des Unterrichts.“ „Den Bauer läfst man aufwachsenhvie ein Vieh.“ er¬ 
klärte 1787 der Minister von Zedlitz. 
2) Er nennt den Götz „imitation detestable de ces mauvaises pieces anglaises“ 
und weist Lessing und Winckelmann zurück! So kennzeichnet sich am grellsten 
der Zwiespalt, der sein Wesen (wie die Bildung der Deutschen überhaupt) zerrifs. 
„In ihm lebte zugleich der französische Schöngeist, der auf die angebliche hoheit 
und Geschmacklosigkeit seiner Landsleute voll Verachtung hinuntersah, und der 
deutsche Heldenkönig, der mit den derben Fäusten seiner Bauern und dem Degen 
seiner treuen Edelleute die Franzosen aus dem Lande schlug.“ Schiller aber gab 
ein von ihm beabsichtigtes, zur Verherrlichung Friedrichs bestimmtes Epos 
„Leuthen“ auf, weil der Held ihm „zu kalt“ erschien.
	        
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