§ 53. England im Zeitalter der Kirchenverbesserung.
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Der erste Anstoß zur Lossagung von Rom ging hier vom Könige aus.
Auf Heinrich VII. *), der dem Lande den Frieden gegeben und die königliche
Gewalt gesteigert hatte, war Heinrich VIII. (1509—1547) gefolgt. Dieser, heinrich toi.
ein herrischer Mann, der, wenn es galt, seine Launen zu befriedigen, vor 1509-1547-
keiner Gewaltthat zurückschreckte, hatte zuerst mit großem Eifer gegen die
romfeindlichen Bestrebungen in Deutschland gewirkt. Da geschah es, daß er,
von der Schönheit und Lebhaftigkeit der Anna Boleyn, einer jungen Hof- Anna Boleyn.
dame, berückt, vom Papst Klemens VH. die Lösung seiner Ehe mit Katharina,
einer Tante Karls V., begehrte, um jene ehelichen zu können. Der Papst
versagte sie ihm aber, da er sonst Zwistigkeiten mit dem Kaiser erwarten
mußte. Jetzt bewirkte der König die vollständige Trennung Englands vom
päpstlichen Stuhle. Er machte sich zum obersten Bischof der angli-Heinrich oberster
kanifchen Landeskirche, zwang die Geistlichen, ihm als solchem Treue zu iss?^
schwören und erklärte die Klöster für Staatseigentum. Dabei blieb die
Kirchenlehre und die Einrichtung des Gottesdienstes unangetastet. Gegen
alle, die sich seinem Gebote nicht fügten, Katholiken wie Protestanten, ging
er mit der größten Strenge vor. Nicht gelinder verfuhr er mit den Frauen,
die er nacheinander heiratete. Von zweien trennte er sich, zwei, darunter
Anna Boleyn, wurden hingerichtet. Er hinterließ einen Sohn und zwei
Töchter: Maria (die Katholische), die ihm Katharina von Arragonien ge-
boren, Elisabeth, das Kind der Boleyn, und Eduard, den damals zehn-
jährigen Sohn der dritten Gemahlin, der Jane Seymour.
Für den königlichen Knaben übernahm erst der Herzog von Somerset, Eduard vx
dann der Herzog von Northnmberland als Reichsverweser (Protektor) die 1547~1553-
Regierung. Ihr Walten ist dadurch bedeutsam, daß sie unter Mitwirkung
des Erzbischofs Cramner von Canterbury die Reformation, und zwar Die Reformation
kalvinifcher Richtung, einführten (durch die 42 Artikel). Doch wurde sowohl tn ®n0lonb-
die bischöfliche Verfassung beibehalten, als auch eine mehr der katholischen
als der Genfer Art ähnliche Gestaltung des Gottesdienstes gewählt. Erst
16 Jahre alt, sank Eduard VI. ins Grab.
Maria folgte ihm auf dem Thron. Diese stellte die römische Papst-Maria dieKatho-
kirche wieder her. Die Ketzer wurden verfolgt; gegen 300, unter ihnenIttoe lo53™1558-
der Erzbischof Cramner, mußten in den Flammen sterben Sie wurde Rückführung des
die Gemahlin Philipps II. Als sie an dem französischen Kriege teilnahm, Kathol^smus.
verlor sie Calais, Englands letzten festländischen Platz.
Nach ihrem frühen Tode kam Elisabeth auf den Thron. Im Herzen Elisabeth
eher noch dem Katholizismus zuneigend, den sie unter Marias blutigen 1558—1603-
1) Die Tudors:
Heinrich TO.
Heinrich vm.
1. Gem. 2. Gem. 3. Gem.
Katharina v. Aragon., Anna Bol. Jane Seymour
Maria Margarethe — Jakob IV. b. Schottland
Maria die Katholische Elisabeth Eduard VI.
Jakob V.,
verm. m. Maria Guise
Maria Stuart
l. Gem. 2. Gem. 3. Gem.
FranzH. v. Fr. Darnley Bothwell
Schenk, Lehrbuch, vm. Mittelalter. B.
Jakob VI.
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