292
HanS Sachs.
Da8 Sprüchwort immerdar noch gilt.
Daß, wer die Kunst nicht hat, sie schilt.
Wie nützlich auch ist die Malerei,
So nenn ich euch jetzt nur der Dinge drei.
Was uns die Geschichte als theures Vermächtnis}
Bewahrte, prägt uus iu's Gedächtniß;
Wie der Nürnberger Heer unter Schweppermann glänzte.
Wie den Dichter hier Kaiser Friedrich bekränzte,
Wer sich nicht auf die Schrift versteht,
Des Malers Schrift ihm nicht entgeht,
Er lehrt, wie Bosheit nnd Mißgeschick,
Wie Frömmigkeit bringt Ehr' und Glück.
Zum andern verscheuchet die Malerei
Uns der Einsamkeit Tochter, Melancholei;
Sie lichtet der düstern Schwermuth Schmerz,
Verklärt uus das Auge durch Lust und Scherz.
Zum dritten: Jegliche Kunst erkennt
In des Malers Kunst ihr Fundament.
Der Steinmetz, Goldschmied und der Schreiner,
Formschneider, Weber, der Werkmeister keiner
Entbehrt sie je, weshalb die Alten
Sie für die herrlichste Kunst gehalten.
Wie strahlt der Griechen Name hell,
Zeuxis, Protogenes, Apell,
Gott hat zum Heil dem deutschen Land
Der Künstler manchen mit hohem Verstand,
Wie Albrecht Dürer, uns gegeben,
Deß Kunst verschönernd schmückt das Leben.
Was er mit Fleiß gesä't, erwachs'
Ihm zu reichem Segen, steht Hans Sachs.
So sang der Poet und die Gegner schwiegen. Voll innern Wohl¬
gefallens klopfte ich ihm auf die Schulter und gab ihm zu verstehen, daß
er mir wie aus der Seele gesprochen habe. Alle zollten ihm Beifall und
Michael Behaim war nicht der letzte. Er nahm sich den Kranz ab und
setzte ihn Hans Sachsen auf's Haupt, Nürnbergs kunstreichem Schuster.
Hans Sachs.
Hans Sachs, der einzige Sohn von Veit Sachs, einem ehrsamen,
fleißigen Schuhmacher in der freien Stadt Nürnberg, geboren am 5. No¬
vember 1494 und von seinem Vater, dessen Geschicklichkeit sich einigen
Rufes erfreute, ebenfalls für dieses seit zwei Jahrhunderten in der Familie
einheimische Handwerk erzogen. Kaum 14 Jahre alt, hatte der junge HanSr
der schon als kleiner Knabe eine lebhafte Fassungsgabe zeigte, alle Ge¬
heimnisse seines Handwerks inne und war ein so vortrefflicher Schuster¬
gesell, wie nur einer zu finden war in bayrischen und fränkischen Landen.
Allein je mehr sich der junge Mensch von dieser seiner unbestreitbaren
Kunstfertigkeit selbst überzeugte, desto unbefriedigter fühlte er sich in seinem
innersten Gemüth. Er fühlte und erkannte, daß in ihm noch ein höherer,