Full text: Alte Geschichte (Teil 1)

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für die Bauern trostlos. Viele von ihnen waren Pächter der Groß- 
grnndbefitzer geworden und lieferten fünf Sechstel des Ernteertrages an ihre 
Herren ab. Die selbständigen Bauern konnten Darlehen nur zu hohen 
Zinsen bekommen; für beide hafteten die Schuldner mit ihrer Habe und 
Person, konnten also auch als Sklaven verkauft werden. Um sich gegen 
willkürliche Rechtsprechung zu schützen, verlangte das Volk die Auszeichnuna 
des Rechts. 
Die herrschende Unzufriedenheit benutzte (um 630) der Eupatride 
Kylou, der Schwiegersohn des Tyrannen Theagenes von Megara, um sich 
der Tyrannis zu bemächtigen. Er besetzte die Akropolis, wurde aber be- 
lagert und entfloh, worauf seine Anhänger die Burg übergaben. Ihnen 
sicherte der Archon Megakles aus dem Geschlechte der Alkmäoniden das 
Leben zu, da sie sich an die Altäre geflüchtet hatten. Trotzdem ließ er die 
Gefangenen überfallen und niederstoßen. 
Sogleich erwachten wieder die Gegensätze. Der Treubruch erbitterte 
das Volk, und der Adel sah sich genötigt, das ganze Geschlecht der 
Alkmäoniden, die bisher seine Vorkämpfer gewesen waren, zu verbannen, 
um den „Klonischen Grevel" zu sühnen und den inneren frieden wieder 
herzustellen. 
Bald darauf willigte die Regierung in die Aufzeichnung des be- 
stehenden Rechts und beauftragte (i. I. 621) Drakon, ein für alle 621 
gültiges Strafrecht abzufassen. Diese Gesetze waren sehr streng (auf Dieb- 
stahl stand Todesstrafe); man sagte später, sie seien „mit Blut geschrieben". 
Wie Drakon an dem ^>chuldrecht nichts änderte, so griff er auch in die Wirt- 
schaftlichen Verhältnisse nicht ein. Daher blieb die Unzufriedenheit der 
armen Bauern bestehen. Auch der Handel wurde durch Theagenes von 
Megara, dem Salamis gehörte, gelähmt. Alle Versuche, die Insel zu er- 
obern, waren umsonst. Die Not nahm überhand. Athen stand unmittel- 
bar vor einer Revolution. Da wurde der Retter des Staates 
Solon. 
Die Gesetzgebung Solons. 594 
Soloit, aus dem Geschlechte der Kodriden, erbarmte sich der sozialen 
Not seines Volkes und feuerte seine Landsleute durch eine Elegie an, noch 
einmal den Versuch zu machen, Salamis den Megarern zu entreißen. In 
der Tat wurde die Insel genommen, j Seitdem hatte Solon das Ver- 
trauen des Volkes und schien allein der Mann zu sein, der den Staat 
vor dem drohenden Bürgerkriege bewahren konnte. Daher erwählten ihn 
die Eupatriden für das Jahr 594 zum Archon mit unbeschränkter Gewalt 
und beauftragten ihn, dem Staate eine neue Verfassung zu geben. 
Die soziale Gesetzgebung war die erste Aufgabe Solons. Zur Be- 
seitigung des Notstandes erließ er sämtliche Schulden, die ein 
Grundstück belasteten, erließ auch die Schuld auf Leibeshaft und verbot 
für alle Zukunft die Schuldsklaverei, j Diese, alle Rechtsanschauung verletzende, 
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