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Geschichte der alten Welt.
§. 94-
Themistokles alleiniger Leiter des athenischen Gemeinwesens und benutzte seinen
ganzen Einfluß, um eine Vermehrung der Flotte zu bewirken, weil nur
dadurch die Athener ein politisches Uebergewicht erlangen und den Persern wider¬
stehen könnten. Ein Ausspruch des delphischen Orakels, daß Athens Heil aus
den „hölzernen Mauern" beruhe, kam ihm bei der Ausführung zu Statten. Un¬
eigennützig willigten die Athener in seinen Vorschlag, den Ertrag der Silberbergwerke
von Laurion zum Bau von Schiffen und zur Anlegung des Hafens Peiräeus
zu verwenden. „Das hat Athen vor allen Trübsalen geborgen, daß es einen
großen Mann in seiner Mitte besaß, und daß die Athener den gesunden Sinn
hatten, daß nicht ein Jeder klüger sein wollte als der Andere, sondern sie sich
vertrauensvoll dem Einsichtsvolleren überließen."
c) Der Feldzuki unter Xerxes (480. 479).
§. 94. Thermopylä. Mitten unter großen Vorbereitungen zu einem
neuen Zuge wider Griechenland wurde Dareios vom Tode abgerufen. Aber sein
Nachfolger Terxes, ein stolzer, in der Ueppigkeit des Palastlebens herangewach¬
sener Fürst von stattlicher Gestalt unb angeborner Würde, nahm des Vaters
Racheplan auf unb betrieb bie Rüstungen in solchem Umfang, baß er, wie Herobot
nach ber Volksüberlieferung unb nach dichterischen Angaben berichtet, eine Armee
von 1,700,000 Mann unb eine Flotte von mehr als 1200 größern Schiffen zu¬
sammenbrachte. Demaratos, ber abgesetzte unb flüchtige König von Sparta,
biente ihm als Rathgeber unb Führer, wie einst Hippias bent Dareios. Nach-
bent ber neue Herrscher seine Rüstungen beendigt, unb mit überraschenbem Glück
einen Aufstanb in Aegypten gebämpft hatte, was seine Zuversicht noch erhöhte,
ließ er alle Truppen bei Sarbes sich sammeln unb zog bann mit benselben
über bas Gebiet von Ilion bent Hellespont zu. In allen seinen Hanblrntgen
gab sich bie stolze Ueberhebuug funb, bie ben Namen des großen Königs zum
Sprichwort gemacht hat. Es war ein wuuberliches Völkergemisch von allen
Nationen unb* Zungen unb mit den verschiebenartigsten Anzügen unb Waffen,
welche auf zwei Schiffbrücken, bie ber Perserkönig unweit Abybos hatte auffüh¬
ren lassen, sieben Tage lang ohne Unterbrechung über ben Meeresarm setzten,
begleitet von einem enblosen Zuge von Waffen- unb Pferbeknechten, Wagen mit
Frauen unb Kammerzofen, männlicher unb weiblicher Dienerschaft, Fuhrwerken
und Lastthieren mit Gepäck, Schmucksachen und andern Dingen. Jede Nation
erschien in ihrer landesüblichen Tracht und Waffe; der schwer geharnischte Perser
auf feurigem Roß, bet halbnackte Araber auf bent Kanteel, bie Saken unb bie
Völker von Ost-Iran mit Bogen unb Streitaxt, bie Truppen aus Kleinasien unb
vom Kaukasus mit geflochtenen Schilben unb hölzernen Helmen, bie Aethiopen
in Parbel- unb Löwenfelle gekleibet. Nach beenbigtem Uebergang über ben Helles¬
pont zog bas Lanbheer vom Ehersones über Thrakien nach Makebonien
unb Thessalien, währenb bie Flotte längs ber Küste uub burch ben zwischen
bent Vorgebirge Athos unb bent Festlanbe von phönizischen Werkleuten neu
gegrabenen Durchstich hinsegelte, um bas Heer mit bem Nöthigen zu verl¬
iehen. Thessalien unterwarf sich ohne Schwertstreich; Vöotien, Argos
unb einige kleinere Staaten reichten kleiumüthig Erbe unb Wasser; brohend
rückte ber Feinb immer näher. Da zeigte Griechenlanb, was Eintracht, N!uth
und Vaterlandsliebe vermögen. Ein Bund mit einem allgemeinen Land- und