482 Untergang der alten Welt. §. 265. 
das inbrünstige Gebet der Christen in der „blitzberührten" Legion vom Ver¬ 
dursten gerettet worden sein sollte, und des Decius kurze Regierung ist mit 
blutigen Zügen in den Jahrbüchern der christlichen Kirchengeschichte verzeichnet. 
Die republikanischen Gemeinwesen der ersten Christen, die sich unabhängig von 
der weltlichen Obrigkeit nach dem Grundsatz der Gleichheit und Bruderliebe 
selbst regieren wollten, drohten den Reichsverband zu lockern und die Grund¬ 
lagen des einherrlichen Staats zu gefährden, daher gerade die kräftigsten und 
tüchtigsten Kaiser unter den Verfolgern genannt werden. Aber die Glaubens¬ 
freudigkeit, womit die Blutzeugen (Märtyrer) Marter und Tod er¬ 
trugen, mehrte die Zahl der Bekenner, so daß man mit Recht das Blnt der 
Märtyrer den Samen der Kirche genannt hat. Die Tugenden des griechischen 
und römischen Alterthums erneuten sich in der Hingebung für ein überirdisches 
Vaterland. In den Tagen der Noth verbargen sich die Verfolgten in unter¬ 
irdischen Gängen (Katakomben) bei den Gräbern ihrer Lieben, in Höhlen und 
Bergschluchten; die Bedrängnis} erhöhte ihr Gottvertrauen und bewahrte die 
junge Gemeinde vor frühem Verfall und innerem Zwiespalt; die Zahl der „Ge¬ 
fallenen" und Abtrünnigen (Traditoren), welche die heiligen Schriften zum 
Verbrennen auslieferten oder vor den Bildsäulen der Kaiser räucherten und 
opferten, war gering gegen die der standhaften Bekenner, die als „Streiter 
Gottes und Christi" dem bei der Taufe geleisteten „Fahneneide" im Leben und 
im Tode treu blieben. Alle Mühseligen und Beladenen erfaßten mit freudigem 
Herzen die Botschaft des Heils, die den Gläubigen im Erdenleben Bruderliebe 
und Tröstung verhieß, die dem Tod seinen Stachel nahm und der Hölle ihren 
Sieg. Sobald Gott ihr Herz dem Glauben erschlossen, empfanden sie den be¬ 
seligenden Frieden, den ihnen die damalige Welt nicht geben und weder Spott 
noch Verfolgung rauben konnte. 
Die namhaftesten unter ben Märtyrern waren: Ignatius, Bischof von An- 
tiochia, ein Schiller des Apostels Johannes. Von ihm wird Berichtet, daß er unter Trajan 
nach Rom gebracht und den wilden Thieren vorgeworfen worden sei (im I. 116). Die 
ihm zugeschriebenen sieben Jgnatianischen Briefe, deren Echtheit jedoch großen 
Zweifeln unterliegt, sind ihres Alters wegen von Wichtigkeit. Der katholische Charak¬ 
ter der Kirche, der in ihnen stark hervortritt, hat schon einen hierarchischen Beigeschmack, 
insofern Ignatius die Katholicität oder kirchliche Einheit imBischof repräsentirt sieht. — 
Unter Marc Aurel büßte Justinus „ber Märtyrer", ein philosophisch gebildeter Den¬ 
ker aus Sichern in Samarien, seine standhafte Anhänglichkeit an bie Lehre des Evangeliums, 
die er gegen den Jrrlehrer Marcion in einer beredten Streitschrift vertheidigt, durch 
Geißelung und Enthauptung (int I. 166). Seine zwei „Schutzschriften für die 
Christen" an Automnus Pius unb M. Aurel waren ohne Erfolg geblieben. — Poly- 
karpus, Bischof von Smyrna, gleich Ignatius ein Jünger bes Apostels Johannes nrö 
wegen seines heiligen Wanbels bei ben Christen hoch verehrt, starb als Opfer ber Volks¬ 
wuth (169 n. Chr.). Sein Schiller war Jrenäus, Bischof von Lngdunmn (Lyon) in 
Gallien, besannt burch seine apologetische Schrift „fünf Bücher gegen bie Häre¬ 
tiker" und durch seinen Märtyrertod (t. I. 202). Auch Cyprian, Bischof von Kar¬ 
thago, der durch seine Schrift „von ber Einheit ber Kirche" einer ber wirksamsten 
Begründer ber bischöflich-katholischen Volkskirche warb unb sein Leben ber Armen = und 
Krankenpflege widmete, starb unter der zitternden Hand eines heidnischen Scharfrichters 
(258). „Zeitweise herrschte eine wahre Epidemie der Aufopferung," sagt BuEarbt, „bie 
Christen brängten sieb zum Tobe unb mußten von ihren Lehrern ermahnt werben, sich zu 
schonen. Balb würben die Märtyrer die leuchtenden Ideale bes Lebens; ein wahrer Cul-
	        
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