Der Große Kurfürst und Ludwig XIV.
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In kirchlichen Dingen bewies der Kurfürst Duldsamkeit und suchte
die Lutheraner und die Reformierten miteinander zu versöhnen. Freilich
gelang es ihm nicht, alle seine Untertanen von der Notwendigkeit religiöser
Duldsamkeit zu überzeugen (Paul Gerhardt).
5. Luise Henriette war dem Kurfürsten nicht nur eine treue Ge-
mahlin, eine einsichtsvolle Beraterin und eine Begleiterin auf seinen
beschwerlichen Reisen, sondern sie unterstützte ihn auch tatkräftig in seinen
segensreichen Bestrebungen, besonders in der Fürsorge für die Landwirt-
schast. Sie ließ sich von ihrem Gemahl ein Schloß mit den umliegenden
Ländereien schenken und nannte den Besitz nach ihrem Stamme Oranien-
bürg. Hier legte sie mit Hilfe holländischer Landwirte und Gärtner,
deren Tätigkeit ihr von Jugend auf vertraut war, eine Musterwirtschast
an. Sie hatte ihre Freude ebensosehr an den ersten Kartoffel-
Pflanzungen wie an den Fortschritten ihrer Obstbäume. So lernten
die Brandenburger von ihrer Kurfürstin eine sorgfältige Bodenbearbeitung,
die sie während des Dreißigjährigen Krieges verlernt hatten.
Luise Henriette gilt alH die Verfasserin des Liedes: „Jesus meine
Zuversicht" und einiger anderen Kirchenlieder. — Sie starb 1667 nach 1667.
zwanzigjähriger Ehe.
6. Dorothea von Lüneburg wurde des Kurfürsten zweite Gemahlin.
Aus einem großen Grundstück, das ihr der Kurfürst in Berlin schenkte,
und das sie in Bauplätze zerlegte, entstand ein neuer Stadtteil, die
Dorotheenstadt. Auch pflanzte sie die ersten Bäume in der Straße, die
nach ihnen den Namen Unter den Linden erhielt.
Sie soll ihren Gemahl zu dem Testament veranlaßt haben, in dem er seinen
Söhnen aus zweiter Ehe einzelne Teile des Staatsgebietes als erbliche Statthalter-
schaften zuwies. Zum Glück gewann das Testament keine praktische Bedeutung, da
es dem Nachfolger in der Kurwürde, Friedrich III., gelang, seine Stiefbrüder mit
Jahrgeldern, Gütern und Ämtern abzufinden.
§ 123. Der Große Kurfürst und Ludwig XIV.
1. Die Wahl Leopolds I. 1658. Es war Ferdinand III. nicht ge¬
lungen, die Wahl seines Sohnes durchzusetzen. Sein Hauptgegner war
der Kurfürst von Mainz. 1657, nach dem Tode des Kaisers, wurde die
Wahlfrage ein Gegenstand von Intrigen, an denen sich auch Mazarin
beteiligte, der seinen König auf dem deutschen Kaiserthrone zu sehen
wünschte. Als die Wahl endlich nach einer Frist von mehr als einem
Jahre in Frankfurt stattfand, warf Brandenburg seine Stimme sür den
habsburgischen Bewerber in die Wagschale und verhinderte dadurch, daß 1658.
das Deutsche Reich zu einem Anhängsel Frankreichs herabsank. Kurz
darauf trat der Kurfürst von Mainz mit anderen rheinischen und süd-
deutschen Fürsten sowie mit Frankreich und Schweden zur Rheinischen
Allianz (dem ersten Rheinbunde) zusammen, die neun Jahre bestanden hat.