224
Das siebenzehnte Jahrhundert.
§. 727.
11. Mai
1611.
1642.
Volkswuth zu opfern. „Verlasset euch nicht auf Fürsten," rief er aus, „denn
bei ihnen ist keine Hülfe!" Mit großer Fassung starb Strassord auf dem
Schaffst. Sein Leidensgefährte Laud blieb noch drei Jahre in Haft; aber die
Abschaffung der Sternkammer und der hohen Commission, und
etwas später die Ausschließung der Bischöfe aus dem Oberhause
waren das Vorspiel des Sturzes der hierarchischen Hochkirche. — Bald darauf
machte Karl eine Reise nach Schottland in der Absicht, Beweisstücke für die
hochverräterische Verbindung des Parlaments mit dem mittlerweile entlassenen
schottischen Heer zu erlangen. Die puritanischen Ständeglieder geriethen in
Besorgniß. Da ward die englische Nation durch die Kunde von einer allgemei¬
nen Ermordung der protestantischen Colonisten Irlands durch die katholischen Ein¬
wohner in Schrecken und Wuth versetzt. Dieses durch die Gewaltthätigkeiten
Jacobs (§. 721) und die Härte Straffords bewirkte Ereigniß wurde dem Hof
und besonders der Königin zur Last gelegt und von den Puritanern des Parla¬
ments benutzt, um das Volk durch das Gerücht einer Verbindung der Papisten,
Bischöfe und Höflinge zur Vernichtung des Glaubens und der Freiheit in eine
fieberhafte Aufregung zu setzen. Es bildeten sich bewaffnete Vereine zum Schutze
des Parlaments, während andererseits viele Landedelleute und Osficiere sich um
den in allen seinen Rechten bedrohten König schaarten. Diese nannte das Volk
Cavaliere, sie aber belegten ihre Gegner mit dem Spottnamen Rund köpfe,
von dem Schnitt ihrer Haare. Flugblätter und Zeitschriften, die neuen Erzeug¬
nisse einer freien Presse, aufreizende Reden in Kirchen und Versammlungen er¬
hielten das Volk in Aufregung und hatten eine unbeschreibliche Wirkung. Tu-
multuarische Auftritte, täglich wiederholt, waren die Vorboten des Bürgerkriegs.
Das Einbringen einer Bill, daß in Zukunft die Einrichtung des Heers
und die Ernennung der Befehlshaber von der Zustimmung des
Parlaments abhängig sein sollte, gab den Ausschlag. Der König wollte
während der Sitzung fünf Glieder der Opposition (Hampden, Pym, Hollis,
Haslerig und Strode) verhaften und des Hochverrats anklagen lassen. Sie ent¬
flohen, hielten sich einige Tage verborgen und wurden dann von der Bürgermiliz
und von einer zahllosen Volksmenge im Triumphe in das Parlamentshaus zu¬
rückgeführt. Das hielt Karl nicht aus. Er begab sich nach Iork und be¬
schloß Krieg.
§. 727. Bürgerkrieg (1642—1646). Hatte der König früher durch
Verletzung der Volksrechte gegründeten Anlaß zu Klagen gegeben, so machte sich
jetzt das Parlament einer gleichen Verletzung der Königsrechte schuldig. Nicht
zufrieden, die monarchische Gewalt in die gesetzlichen Schranken gewiesen zu haben,
legte es sich die legislative Autorität in Staat und Kirche allein
bei und riß die ganze Regierungsgewalt an sich, indem es die Ernen¬
nung und Absetzung der höheren Staatsbeamten und Heerführer ansprach, die
Einrichtungen der Land- und Seemacht seiner Zustimmung unterwerfen und sogar
die Erziehung und Vermählung der königlichen Kinder von feiner Einwilligung
abhängig machen wollte. Diese Forderungen konnte der König nicht bewilligen.
Er sammelte in Aork die ihm ergebenen Mitglieder des Ober- uud Unterhauses
und die bewaffnete Kriegsmacht um sich, indeß die Königin sich nach Holland