278 Ausgang des siebenzehnten Jahrhunderts. §. 751, 
des Stils, so daß er als Gesetzgeber der poetischen Formen und des Geschmacks an¬ 
gesehen ward. 
Sein bedeutendstes Werk sind seine Satiren, worin er mit Freimüthigkeit die Heuchelei 
und Anmaßung der Jesuiten, die durch ihr Journal de Trevoux den französischen Geschmack 
bilden und leiten wollten, die Erbärmlichkeiten der zahlreichen Dichterlinge und die Gebrechen 
seiner Zeit züchtigt; in seinen Episteln erscheint Boilean als niedriger Schmeichler des Köniqs 
dessen Gunst und Schutz er sich auf diesem Wege erwarb; durch seine Poetik, die er verfaßte' 
als er auf dem Gipfel seines Ansehens stand, wurde er Gesetzgeber der Dichtkunst nicht 
nur in Frankreich, sondern in ganz Europa, so niedrig auch sein Standpunkt und so oberflächlich 
sein Urtheil ist. Dem komischen Heldengedicht, „das Chorpult" (le lutrin) fehlt es nicht an 
interessanten Partien und erheiternden Scherzen. 
In seinen Oden setzte Boileau seiner Schmeichelei die Krone auf; aber qerade 
diese Gattung bewies seinen Landsleuten, daß er eigentlich kein Dichter, wenigstens kein 
Odendichter sei Die Oden und geistlichen Lieder des mürrischen, aus Frankreich 
verwiesenen Ioh. Baptist Rousseau, des Schützlings des Prinzen Eugen, haben bei 
I .Jo9 bcd7.mk Vorige vor denen Boileau's. Der geltendste Dichter Frank¬ 
reichs ist Las 0 nt a ine, dessen Erzählungen und Fabeln sich noch jetzt in Aller 
Handen befinden. In einer Welt voll Zwang, Förmlichkeit und steifen, vornehmen 
Lesens bewahrte er stets seine angeborne Naivetät, seine heitere Unbefangenheit 
und seine kindliche Natur. Im Leben wie in der Literatur wußte er sich von allen Kunst- 
regeln frei zu halten und den fremden Stoffen durch leichte und anmuthige Behandlung 
„naturnachahmende Mannichfaltigkeit des Ausdrucks und Musik der Verse" ein qalli- 
sches Gepräge" zu geben. 
In seinen dem Boccaccio und den alten Provenyalen nachgebildeten Erzählungen findet 
sich zwar nicht die offene Unsittlichkeit jener ältern Dichter, aber an schlüpfrigen und lüsternen 
Stellen ist auch bei ihm kein Mangel. Die durch Leichtigkeit des Stils und Anmuth der Dar¬ 
stellung ausgezeichneten Fabeln wurden als Schul- und Kinderbuch in allen Familien bekannt 
und dienten den folgenden Fabeldichtern als Vorbild, so sehr auch ihre breite Geschwätzigkeit der 
echten Fabel entgegen war. 
Was das Epos betrifft, so blieb daffelbe seit den durch Richelieu veranlaßten, aber 
von der Nation verschmähten Versuchen Chapelains u. A. unbearbeitet, bis Voltaire 
durch seine Henri ade auch diese Gattung nach der Meinung der Franzosen zur Voll¬ 
endung brachte. Aber die historisch treue Schilderung eines Bürgerkriegs in wohl¬ 
lautenden Alexandrinern mit allegorischen Figuren ist von einem echten Heldengedicht sehr 
weit entfernt. Dagegen ward die dem Epos verwandte Gattung des Romans von 
den Franzosen frühe ausgebildet. Von den breiten, der alten Geschichte entnommenen 
momanen Calpren^de's und der Scudery ging man zu dem historischen 
^roman über und schilderte die Zeitgeschichte (Gräfin von Lafayette, f 1693); im 
oyÜ! 1' >e n vornan war der als Gemahl der Frau von Maintenon bekannte witzige 
dichter Scarron ausgezeichnet; aber den größten Ruhm erlangte Lesage durch ge¬ 
lungene Bearbeitung der spanischen Romane, worunter die vielgelesene „Geschichte 
ves Gil Blas von Santillana" durch klassische Darstellung und „der hinkende 
Leusel" durch seine Anspielungen aus Personen, Zustände und Geschichten von Paris 
zu jener Zeit ant bekanntesten sind. Zur epischen Dichtung gehört auch das merkwürdige, 
m poetischer Prosa geschriebene Buch Fenelon's, Erzbischofs von Cambray, die 
enteuer Telemachs, ein Werk von edlem Geist und freisinnigen politischen 
Grundsätzen' das eine solche Verbreitung erlangte, daß es in alle europäischen Sprachen 
uveyetzt worden ist und nächst der Bibel und der Nachfolge Christi (§. 463) die meisten 
ß. L ^en ebt hat. Fenelon, ein edler Mann von mildern Charakter und christlicher 
1“cL?? ?^ent>' toar Erzieher der königlichen Enkel und schrieb dieses an 
Homers Odyssee sich anschließende Werk in der Absicht, dem Erben des Thrones die 
ffJlJJlwn E? ^ /geuten anschaulich zu machen und ihn vor den Irrwegen zu 
h , aus welche Ludwig durch seine Herrschsucht, feine Ruhmbegierde und feine
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.