284 Erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. §. 764. 
über sein Land. Vendome, ein geschickter Feldherr, aber gleich dem Marschall 
von Luxemburg genußsüchtig und sittenlos, eroberte Piemont und die reichen Fluren 
der Lombardei und gedachte sich mit dem Kurfürsten von Bayern, der nach der 
Besetzung der Reichsstadt Ulm in Tirol einfiel, Kufstein erstürmte und über 
Innsbruck dem Brenner zuzog, zu verbinden; allein der muthige Aufstand 
der Tiroler, die, erfüllt von Hingebung für Oesterreich, wie von ange- 
stammtem Nachbarhaß gegen Bayern, von den wohlbekannten Berghöhen und aus 
den unzugänglichen Thalschluchten die Feinde mit ihren Büchsen angriffen und 
durch einen wohlgeleiteten Schaarenkrieg am Vorrücken hinderten, vereitelte den 
Plan. Nach einem vergeblichen Angriff auf Trient zog Vendome wieder nach 
Italien, sich durch gräuliche Verwüstung des Etschthales für den Widerstand 
rächend; eben so mußte auch der Kurfürst, der umsonst gehofft hatte, die gefürstete 
Grafschaft Tirol mit seinen übrigen Besitzungen zu vereinigen, nach großen 
Verlusten das Bergland räumen und zum Marschall Villars, der durch das 
Kinzigthal an die obere Donau gedrungen war und Bayern gegen die Feinde geschützt 
hatte, zurückkehren. Die Einnahme von Augsburg und Passau, wodurch sich 
Max Emanuel, ein tapferer, unternehmender Fürst, zu entschädigen hoffte, war 
die letzte glückliche Waffenthat der Bayern und Franzosen. Als weder die Mah¬ 
nungen des Kaisers, noch die Verwüstung des bayerischen Landes den verblen¬ 
deten Fürsten von seinem Bunde mit Frankreich abzuziehen vermochten, er viel¬ 
mehr im nächsten Jahr feine Truppen mit dem neuen Heer verband, das ihm 
der Marschall Tallard, ein Mann von untergeordnetem Geiste und Talent, im 
Auftrag des Königs zuführte, vereinigte sich Eugen mit dem Anführer der Reichs¬ 
armee, Ludwig von Baden, und trat in Schwaben den Feinden entgegen. Als 
Präsident des Wiener Hoskriegsraths konnte Eugen bei allen Unternehmungen 
seinem eigenen Geiste folgen und Niemand übersah damals so klar die Lage der 
Dinge als er. „Mit jenem Talente ausgerüstet, welches das Allgemeine und 
Große fest im Auge behält und dabei das Kleinste nicht übersieht, und mit der 
Autorität, die, auf Erfahrung und Einsicht gegründet, sich jeden Augenblick geltend 
macht, entwarf er den Feldzug und Schlachtplan." Bald schloß sich Marl- 
borough nach einem meisterhaften Zuge am Rhein und der Mosel (wo er feine 
Absicht nicht nur vor den verfolgenden Franzosen, sondern sogar vor seinen 
eigenen holländischen und englischen Truppen zu verbergen wußte) den beiden 
andern an; worauf Eugen und Marlborough den alten bedächtigen Mark¬ 
grafen Ludwig zur Belagerung von Ingolstadt abschickten und dann in der 
Schlacht bei Höchstädt (ober, wie die Engländer sie nennen, von Blenheim) 
die französische unb bayerische Armee aufs Haupt schlugen. Zwanzigtausenb 
Leichen beckten bas Schlachtfeld, 15,000 Franzosen, darunter Tallard selbst, 
gerieten in Gefangenschaft, bas ganze Kriegsgeräthe wurde erbeutet; in allen 
Familien Frankreichs, vornehmen wie geringen, herrschte Trauer. Der Kurfürst 
von Bayern mußte den Franzosen über den Rhein folgen und fein Land dem 
Kaiser preisgeben, dessen Beamte und Besatzungstruppen das unglückliche Volk 
mit Steuern, Abgaben und Einquartierung auf barbarische Weise peinigten. Als 
endlich der Druck unerträglich wurde, erregten die Bürger und Bauern, die den 
Bund der „Landesvertheidiger" gestiftet, einen Aufstand, der von verabschiedeten 
Soldaten geleitet, bald sich über ganz Ober- und Niederbahern erstreckte. Aber
	        
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