Full text: Das Alterthum (Theil 1)

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Zerstörung Jerusalems, 70 n. Chr. 
herrschten als Vierfürsten (Tetrarchen) über das in Galilaea, 8a- 
maria, Peraea und Iudaea getheilte Land. Iudaea aber ward nach 
der Entsetzung des Archelaos als Anhang der Provinz Syrien 
von eignen Landpflegern (Procuratoren) regiert. Ein solcher war 
Pontius Pilatus, 26—36 n. Chr., der durch schwere Tyrannei 
die Juden erbitterte. Noch einmal vereinte Herodes Agrippa I. 
die getrennten Theile unter seiner Regierung ’). Nach seinem Tode, 
44 n. Chr., ward das ganze Land römische Provinz, den Nord¬ 
osten ausgenommen, der noch unter König Agrippa II. stand2). 
Die Procuratoren steigerten die Bedrückungen; so Felix, 52— 
60 3), der Bruder des Freigelassenen Pallas (§ 185), und endlich 
Gessius Florus, 64—66, der das vielduldende Volk zur Ver¬ 
zweiflung trieb4). Nun begann ein Todeskampf, wie ihn nur se¬ 
mitische Völker in der Geschichte gekämpft (§ 34. 149). Heid¬ 
nischer Seits eröffnete ein, über alle Städte des Orients sich 
verbreitender Judenmord, in dem Hunderttausende fielen, die Ver¬ 
nichtungsscene. Der Statthalter Syriens floh von der halbgenom¬ 
menen Hauptstadt wieder zurück. Da übertrug Kaiser Nero den 
Oberbefehl dem Vespasian, 665), der planmässig vom Norden 
her vordringend, das blühende Land in eine Wüste verwandelte, 
66—69. Nachdem er zum Kaiser ausgerufen und nach Rom auf¬ 
gebrochen war, rückte sein Sohn Titus zur Belagerung vor die 
Stadt6), 70 n. Chr., die vom Norden, Osten und Süden durch die 
Thäler Josaphat und Hinnom uneinnehmbar, von der Westseite 
durch eine dreifache Mauer gedeckt war. Hieher hatte sich fast 
das gesammte Volk geflüchtet, das von den Parteien der Sicarier, 
Zeloten und Gemässigten zerrissen, nach aussen hin einig und ent¬ 
schlossen war. Titus begann vom Skopos-Berge, von N. W. her, 
seine Belagerung, legte die erste und zweite Mauer in Trümmer, 
aber an den altheiligen Bergen Zion und Moriah scheiterte sein 
Vordringen. Im Innern Jerusalems jedoch wütheten alle Greuel 
des Hungers, der Pest und des fanatischen Haders7). Dennoch 
rastete der Widerstand nicht. Schritt für Schritt nur drang die 
Belagerung bis zum Tempel vor, dem Wunderwerke des Herodes, 
der in Flammen aufging, und von dem kein Stein auf dem andern 
blieb8). Aber noch 18 Tage dauerte es, bis die heilige Stadt 
ganz in Trümmer sank. Was die Verwüstung verschont, ward in 
die Gefangenschaft verkauft, und das ehemalige Volk Gottes zer¬ 
streut in alle Länder. So endete, wenigstens in seiner politischen 
Existenz, das dritte Culturvolk der alten Welt; sein Beruf 
war erfüllt, seit ihm das Christenthum entsprossen9). 
‘j Archaeol. XVIII, 6. XIX, 5. 2) Acta Apost. 25,13. 3) ibid. 24, 25. 
<) Ioseph. bell. lud. II, 15. Arch.XX.ll. •)T^hist V 10. I°sephJeU. 
lud III, 1 ff. ®) Tac. hist. V, 11-12. Ioseph. bell. lud. V, 1 ff. ) Ioseph. 
bell. lud. V, 10. 8) Ioseph. bell. lud. VI, 4. Ev. Marci 13,1.2. 9) Jerusalem 
ward wieder aufgebauet. Noch einmal folgten später die Reste der Juden einem 
falschen Messias, Bar Chochbah, im J. 132-135 unter Kaiser Hadnanus
	        
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