Full text: Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit (Teil 5)

7 8 Das Zeitalter der Zerstörung des alten Reichs und der Entstehung des neuen deutschen Kaisertums. 
5. Mai 
1789. 
Die Er¬ 
klärung zur 
Nationalver¬ 
sammlung. 
erklärte sie den Boden für die alleinige Quelle des Reichtums und betonte 
daher vor allem die Wichtigkeit der Landwirtschaft. Von ihren Bedürf¬ 
nissen ausgehend, erklärte sie die Eingriffe der Staatsgewalt in die Volks¬ 
wirtschaft für schädlich und forderte mit dem Schlagworte laissez faire, 
laissez passer Freiheit der Produktion und Freiheit des Handels?) 
So erschütterte diese Literatur auf allen Gebieten, dem des Glaubens 
und Denkens, dem sozialen, dem politischen, dem wirtschaftlichen, das Ver¬ 
trauen auf die Vernünftigkeit der bisherigen Verhältnisse. Dem Glauben 
an die Nützlichkeit und sittliche Berechtigung der staatlichen Allgewalt 
gegenüber, wie ihn die bisherigen Jahrhunderte ausgebildet hatten, stellte 
sie mit noch größerer Zuversicht die Überzeugung entgegen, daß durch bloße 
Befreiung des Individuums ein idealer Zustand heraufgeführt 
werden könnte. 
Die konstituierende Versammlung. 1789—1791. 
§ 65. Die Anfänge der Revolution. Am 5. Mai 1789 traten die Gene- 
xylstände zu Versailles zusammen, je etwa 300 Abgeordnete des Adels 
und der Geistlichkeit, etwa 600 des dritten Standes. Die erste Frage, die 
zu erledigen war, bezog sich aus die Art der Beratung; Adel und Geist¬ 
lichkeit wünschten getrennte, der dritte Stand gemeinsame Beratung und 
Abstimmung. Die Regierung verhielt sich in dieser wie in anderen Fragen 
schwankend und energielos. Da erklärten sich auf Antrag des Abbs 
Sieyös, des Verfassers der Flugschrift Qu’est-ce que le tiers-6tat? 2), 
am 1-7.Juni die Abgeordneten des dritten Standes als assembläe 
nationale: ein Beschluß, mit dem sie, obwohl sie die beiden anderen 
1) Etwa gleichzeitig (1776) trat der Schotte Adam Smith, der Verfasser der 
„Untersuchung über die Natur und die Ursache des Nationalreichtums" mit seinen An¬ 
schauungen hervor, die nachher den größten Einfluß gewinnen sollten. Er sah nicht 
im Gelde, wie die Merkantilisten, noch im Boden, wie die Physiokraten, sondern allein 
in der menschlichen, Werte schaffenden Arbe.Lt .die Quelle des Nationalwohlstandes 
(daher ber Name Jndustriesystem, industry=Arbeit). Die Arbeit aber wird nach ihm 
ant produktivsten sein bet möglichster Arbeitsteilung und möglichster Freiheit der 
Produktion. So fordert er denn Befreiung der individuellen wirtschaftlichen Tätig¬ 
keit von äußeren Schranken und die Herstellung der Freiheit des Wettbewerbs. 
Diese Grundsätze sind durch die in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts 
entstandene Manchesterschule fortgebildet worden, welche unbedingte Gewerbe¬ 
freiheit und unbedingten Freihandel verlangte, in der Hoffnung, daß sich aus dem 
Kampf der einander widerstreitenden egoistischen Interessen eine Harmonie des wirt¬ 
schaftlichen Lebens ergeben werbe. 
2) „Hfls ist der drille Stand? Alles. Was bedeutet er? Nichts. Was will 
er? Daß er etwas bedeute."
	        
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