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Das übrige Europa im Mittelalter.
unfilia Persönlichkeit, war Julius II., der Cäsar Borgia vertrieb, an der
Liga von Cambrai teilnahm und sodann die heilige Liga gegen Frank¬
reich gründete; zugleich aber war er ein Beschützer der Kunst, ein
Gönner Michelangelos, Raffaels und Bramantes und begann den
Leo x. Bau der neuen Peterskirche. Nach seinem Tode bestieg Leo X. aus
dem Hause Medici den päpstlichen Stuhl, ein pracht- und kunst¬
liebender, ebenso ungeistlich wie seine Vorgänger gesinnter Kirchenfürst,
dessen Ablaßverkündigungen den Widerstand Luthers hervorriefen.
Florenz. H)ie Herrschaft über Toskana hatte sich Florenz erworben,
das auch das einst so mächtige Pisa unterwarf, und von dem sich
nur Lucca und Siena unabhängig erhielten) In Florenz gelangte,
nachdem es im vierzehnten Jahrhundert durch Stände- und Partei¬
kämpfe schwere Erschütterungen erfahren hatte, im fünfzehnten Jahr¬
hundert die reiche Kaufmanns- und Bankiersfamilie der Medici zur
Cosimo. Herrschaft. Aer Gründer der Dynastie, Cosimo Medici, der
Gönner des Humanismus, herrschte, ohne die republikanischen For-
Lorenzo. men anzutasten^ Der glänzendste Fürst des Hauses war Lorenzo^
il Magnifico, unter dessen Regierung Florenz, das für'den Geld-
und Bankverkehr bereits der bedeutendste Platz Europas war, zu¬
gleich der Mittelpunkt des wissenschaftlichen und künstlerischen Lebens
Italiens wurde. Wenige Jahre nach seinem Tode trat der Domi-
Savonarola. nikanermönch Girolamo Savonarola als Reformator des staat¬
lichen und des sittlich-religiösen Lebens auf. Unter seinem Einfluß
wurde eine demokratische Regierung gegründet und eine strenge Sitten¬
zucht durchgeführt. Aber er verlor allmählich seine Macht über das
Volk und erlag nun den Verfolgungen des Papstes Alexander VI.;
1498. durch ein geistliches Gericht verurteilt, erlitt er den Feuertod. Später
kehrten die Medici wieder nach Florenz zurück.
Venedig. Die erste Handelsstadt Italiens war Venedig. Die Republik
von San Marco hatte, seitdem sie den hundertjährigen Krieg mit
Genua siegreich ausgefochten hatte, im fünfzehnten Jahrhundert sich
mächtig ausgedehnt: sie war die Beherrscherin des nordöstlichen Ita¬
liens (der terra ferrna), der Küste von Istrien und Dalmatien, der
Inseln Korfu, Kreta und seit dem Ende des fünfzehnten Jahrhun¬
derts auch Cyperns, das die letzte Königin Katharina Cornaro ihrer
Vaterstadt überließ. Venedig blieb eine aristokratisch regierte Re¬
publik; die Adelsfamilien, welchen allein der Zutritt zum „ großen
Rat" zustand, waren im „goldenen Buch" verzeichnet. Die Macht
des durch Wahl erhobenen Dogen wurde immer mehr auf die bloße
Repräsentation beschränkt, und der „Rat der Zehn" entwickelte sich
gebildet, dem er um des höheren Zweckes der nationalen Einigung Italiens
willen die unsittlichste Politik gestattet wissen will.