Full text: [Teil 1 = Sexta, [Schülerband]] (Teil 1 = Sexta, [Schülerband])

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Da baute ein armer Mann ein Haus. Die Grundmauern standen 
noch nicht zur Hälfte. Da kommen in der Nacht, als der Mond scheint, 
die Heinzelmännchen herbei, ganz sacht und emsig, immer eines nach dem 
andern, und es will gar kein Ende nehmen, so viele sind es. Sie nehmen 
Hammer und Kelle und all das andere Handwerkszeug und arbeiten bis 
zum Morgengrauen. Und wie die Sonne aufgeht, kommt der Mann mit 
seiner Frau. „O sieh, Frau, das Haus ist fertig; nun können wir fröhlich 
einziehen. Das haben die guten, lieben Heinzelmännchen gethan." 
Ein Bauer sagt zu seinem Weibe: „Ach, Mutter, was soll das 
werden? Da habe ich gestern und heute gepstügt und geeggt und kann 
nichts fördern. Der Acker ist hart wie ein Stein; kommt die Saat nicht 
zur Zeit hinein, so müssen wir verhungern." Aber in der Nacht kommen 
die Männlein, pflügen, eggen, säen, decken die Saat wohl zu, und am 
Morgen ist alles fertig. Nach vier Tagen schon blicken die grünen Keime 
aus dem Boden hervor. 
Die Heinzelmännchen mahlten für den Müller, buken für den Bäcker, 
zimmerten für den Zimmermann, jäteten für den Gärtner, machten dem 
Schuster die Stiefel, dem Schneider die Kleider fertig, hobelten für den 
Tischler, stopften die wohlschmeckendste Wurst für den Fleischer und waren 
so geschickt dabei, daß kein Mensch es besser machen konnte. 
Aber da ist einmal eine Schneidersfrau gewesen, die war allzu neu¬ 
gierig; gar zu gern hätte sie eines von den Männlein in der Nähe ge¬ 
sehen. „Wartet nur, ich will euch schon ertappen!" sagte sie und streute 
einen ganzen Scheffel Erbsen in die Wohnstube. Da kamen die Heinzel¬ 
männchen still und emsig. Ach das Unglück! Sie stürzen auf den Erbsen 
übereinander, sie stoßen sich die Köpfchen blutig, sie fallen sich die Ärmchen 
aus und sind endlich froh, wie sie wieder zur Thür hinaus sind. 
Sie sind aber auch niemals und zu keinem Menschen wieder gekommen. 
Hoffmann. 
30. Die drei Lrüder. 
Es war ein Mann, der hatte drei Söhne und weiter nichts im Ver¬ 
mögen als das Haus, worin er wohnte. Nun hätte jeder gerne nach 
seinem Tode das Haus gehabt, dem Vater war aber einer so lieb als 
der andere; da wußte er gar nicht, wie er's anfangen sollte, daß er 
keinem zu nahe thät; verkaufen wollte er das Haus auch nicht, weils von 
seinen Voreltern war; sonst hätte er das Geld unter sie geteilt. Da fiel 
ihm endlich ein Rat ein, und er sprach zu seinen Söhnen: „Geht in die 
Welt und versucht euch, und lerne jeder sein Handwerk; wenn ihr dann
	        
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