Full text: Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit (Teil 5)

Friedrich Wilhelm I. 1713—1740. 
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gegenüber „stabilierte" der König „die souverainete wie einen rocher 
von Bronse", wie er sich gegen die ostpreußischen Stände vernehmen 
ließ. Auch die Städte, deren Magistrate die ihnen zustehende Selbst¬ 
verwaltung vielfach in der eigensüchtigsten Weise ausnutzten, wurden 
einer scharfen staatlichen Aufsicht unterstellt. Für Selbstverwaltung 
war unter diesem Regiments kein Raum. 
Auch in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht trat Friedrich Volkswtrl- 
Wilhelm I. in die Fußstapfen des großen Kurfürsten. Der Land- ^aft' 
wirtschaft wandte er die größte Sorgfalt zu. Die Domänen wurden Landwirt- 
Musterwirtschaften; er ließ die Havelbrüche austrocknen, beförderte 
den Anbau von Kulturpflanzen und traf Maßregeln zur Hebung 
der Rindvieh-, Schaf- und Pferdezucht. Besondere Sorge wandte 
er auf das „Retablissement" von Ostpreußen und Litauen, wo die 
Pest furchtbar gewütet hatte; her siedelte er auch über 20000 luthe¬ 
rische Salzburger an, die von dem Erzbischof Firmian ihres Glaubens 
wegen vertrieben worden waren. Er plante bereits auf seinen oft- 
preußischen Domänen „die Leibeigenschaft von den Bauern abzu¬ 
schaffen", ein Gedanke, dessen Ausführung damals freilich an den 
Verhältnissen scheiterte. Wie er auf stetige Vermehrung der Be¬ 
völkerung bedacht war, Handwerker jeder Art unter mancherlei Be¬ 
günstigungen in sein Land rief, Auswanderung dagegen als Desertion 
auf das strengste verbot, so war er andrerseits bemüht das Geld 
im Lande zu behalten; Waren, die in Preußen erzeugt werden Gewerbe, 
konnten, sollten nicht aus dem Auslande bezogen werden. So schloß 
er denn zum Schutze des einheimischen Gewerbes eine Reihe fremder 
Fabrikate aus, andere belegte er mit hohen Einfuhrzöllen. Zum 
Besten der märkischen Tuchindustrie verbot er die Ausfuhr von Wolle, 
ebenso das Tragen ausländischer Kleiderstoffe. Den Binnenhandel, 
z. B. auf Elbe und Oder, beförderte er, während er die Kolonie 
Groß-Friedrichsburg verkaufte. 
Höhere Bildung blieb ihm ebenso fremd wie der Gedanke 
der Freiheit der Wissenschaft; den hallischen Philosophen Wolff wies 
er aus Preußen aus, weil seine Lehre staats gefährlich sei. Dagegen 
erkannte er den Nutzen des elementaren Unterrichts: er hat die 
Schulpflicht für die Kinder vom sechsten bis zum zwölften Jahre Allgemeine 
eingeführt und eine Menge von Volksschulen auf dem Lande ge- Schulpflicht, 
gründet. 
Am 31. Mai 1740 starb der König, der schon seit Jahren 
an der Gicht gelitten hatte, zu Potsdam.
	        
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