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der Hase, „daß euch Löwen ein elender lrühender Hahn
so leicht verjagen kann?“
„Allerdings ist es wahr,“ antwortete der Löwe, „und
es ist eine allgemeine Bemerkung, daß wir große Tiere
durchgüngig eine gewisse kleine Shwachheit an uns haben.
So wirst du zum Exempel von dem Elefanten gehört haben,
daß ihm das Grunzen eines Schweines Schauder und
Entsetzen erwecket.“
Wahrhaftig?“ unterbrach ihn der Hase. „Ja, nun
begreif ich auch, warum wir Hasen uns so entsetzlich vor den
Hunden fürchten.“
4. Die Hunde.
G. E. Lessing.
„Wie ausgeartet ist hier zu Lande unser Geschlecht!“
sagte ein gereister Pudel. „In dem fernen Weltteile,
welchen die Menschen Indien nennen, da giebt es noch
rechte Hunde; Hunde, meine Brüder — ihr werdet es mir
nicht glauben, und doch habe ich es mit meinen Augen
gesehen — die auch einen Löwen nicht fürchten und kühn
mit ihm anbinden.“
„Aber,“ fragte den Pudel ein gesetzter Jagdhund,
ũberwinden sie ihn denn auch, den Löwen?“
„überwinden?“ war die Antwort. „Das kann ich nun
eben nicht sagen. Gleichwohl, bedenke nur, einen Löwen
anzufallen!“ —
„O,“ fuhr der Jagdhund fort, „wenn sie ihn nicht
berw inden, so sind deine gepriesenen Hunde in Indien — besser
als wir so viel wie nichts aber — ein gut Teil dümmer.“
z. Der Rangstreit der Tiere.
In vier Fabeln.
G. E essing
L
Es entstand ein hitziger Rangstreit unter den Tieren.
Ihn zu schlichten,“ sprach das Pferd, „asset uns den