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land es" vor. In der Not der Zeit hatten viele Plebejer Geld
leihen müssen; da aber die Zinsen sehr hoch waren, so waren sie
oft nicht in der Lage, sie zu bezahlen; nach dem bestehenden
Schuldrecht wurde ihnen dann nicht nur die Habe genommen,
sondern auch sie selbst nebst ihrer Familie verkauft. Die Miß
stimmung der Plebejer über diese Übelstände wurde noch dadurch
erhöht, daß sie so gut wie rechtlos waren und keine Ämter be¬
kleiden dursten, daß die Patrizier hochmütig auf sie herabsahen,
und nicht einmal die Ehe zwischen Angehörigen beider Stände
erlaubt war.
2. Einsetzung der Bolkslribunen. Diese Mißstände führten
zu einer Erhebung der plebejischen Bauernschaft. Im Jahre 495
hatte sie sich nur durch das Versprechen des Senats bewegen
lassen, ins Feld zu ziehen, daß das Schuldrecht gemildert werden
sollte. Aber nach siegreicher Beendigung des Krieges zeigte sich,
daß der Senat seine Versprechungen zu halten nicht geneigt war.
Als dem Bauernaufgebot 494 dasselbe Versprechen gegeben, aber
wieder nicht gehalten wurde, verließ das Heer den Feldherrn
vor den Toren der Stadt, besetzte einen Hügel zwischen Tiber
und Anio — den sogenannten heiligen Berg — und machte Miene,
in diesem fruchtbarsten Teile des römischen Stadtgebiets eine
neue Plebejerstadt zu gründen. Die Patrizier mußten, wenn sie
einen Bürgerkrieg vermeiden wollten, jetzt nachgeben. Sie schickten,
wie erzählt wird, den plebejischen Senator Menenius Agrippa*)
als Gesandten zu den Ausgewanderten und bewilligten die Land
forderungen und gaben sogar zu, daß die Plebejer eigene Beamte,
Volkstribunen, wählen durften, welche jeden von den Patri
ziern mißhandelten Plebejer beschützen konnten und deshalb für
unverletzlich erklärt wurden. Auch erhielten die Tribunen später
das Recht, Anordnungen der Konsuln durch ihren Einspruch un¬
wirksam zu machen und Versammlungen der Plebejer abzuhalten.
Die Plebejer kehrten zurück; die Streitigkeiten waren aber
damit nicht beendet, denn die Patrizier strebten danach, diese
Rechte der Plebejer wieder zu beseitigen; — so stellte Marcius
Coriolan**) den Antrag, bei einer Hungersnot Getreide nur
dann an die Plebejer zu verteilen, wenn sie auf die Volks
tribunen verzichteten. — So klaffte das römische Volk in zwei
Parteien auseinander, die sich beständig bekämpften.
3. Die Zehnmänner und das Gesetz der zwölf Tafeln,
a) Durch den Friedensvertrag zwischen den beiden Ständen auf
dem heiligen Berge war die Forderung der Plebejer bewilligt
worden, nicht der Willkür unterworfen zu sein, sondern dem be-
*) S. Anhang Nr. 20.
**) S. Anhang Nr. 21.