Full text: Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen

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Krone, vermählte, welcher damals auch Neapel, Sizilien und 
Amerika gehörten, entstand eine ganz ungeheuere Macht. Philipp 
und Johanna hatten zwei Söhne, Karl und Ferdinand. Karl, 
der spätere Kaiser Karl V., erbte die sämtlichen spanischen und 
burgundischen Reiche, während sein jüngerer Bruder Ferdinand, 
welcher sich mit der Tochter des Königs von Ungarn und Böhmen 
verheiratete, diese beiden Königreiche sowie die österreichischen 
Erblande erhielt. 
Durch seine verwandtschaftlichen Beziehungen war die Auf¬ 
merksamkeit Maximilians hauptsächlich aus die europäischen Ver¬ 
hältnisse, nicht auf diejenigen Deutschlands gerichtet. Beständig 
war er mit kriegerischen Unternehmungen beschäftigt, um die 
Macht des Hauses Habsburg zu befestigen und zu erweitern. 
§ 147. Die Fürsten und die Reform der Reichs- 
verfaffung. 
Dagegen gab es unter den deutschen Fürsten jener Zeit eine 
starke Partei, welche nicht gewillt war, die Kräfte Deutschlands 
nach außen zu wenden, sondern den lebhaften Wunsch hatte, dem 
Deutschen Reiche eine bessere Verfassung zu geben. Aus ver¬ 
schiedenen Reichstagen beschäftigte man sich mit der Frage, wie 
man zu einer größeren Einheit der Nation gelangen könne. 
Mancherlei Pläne tauchten auf, mancherlei Beschlüsse wurden 
gefaßt. 
1. Der ewige Landfriede und das Reichskammergerichl. 
Vor allen Dingen mußte man in jener Zeit zahlreicher Fehden 
dafür Sorge tragen, daß im Innern des Reiches Frieden herrsche. 
Darum wurde aus dem Reichstage zu Worms beschlossen, einen 1495. 
ewigen Landfrieden zu verkündigen. Landfrieden waren auch 
früher wiederholt festgesetzt worden, aber immer nur aus eine 
bestimmte Reihe von Jahren. Durch den ewigen Landfrieden 
sollte jede Selbsthülfe im Reiche für alle Zeiten verboten sein. 
Streitigkeiten, welche im Reiche entstehen würden, sollten 
durch das Reichskammergericht entschieden werden. Dieses 
Gericht sollte einen vollständig unabhängigen Gerichtshof bilden 
und weder vom Kaiser noch von den einzelnen Landesherren 
abhängig sein. Alle Stände sollten an seiner Besetzung teil¬ 
nehmen, die Richter die höchste ritterliche Gewalt haben und 
darum auch berechtigt sein, im Namen des Kaisers die Acht aus¬ 
zusprechen. Das Gericht sollte nicht mit dem Hose wandern, 
sondern seinen Sitz unabänderlich an einem bestimmten Orte 
haben. Der Unterhalt des Reichskammergerichts verursachte be¬ 
deutende Kosten, und man beriet darüber, aus welche Weise die 
Mittel dazu, sowie für die übrigen Ausgaben des Reiches am
	        
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