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Wort gehört, gleichviel ob es einem Manne oder einer Frau,
einem Lebenden oder einem Toten galt. Ich will nicht sagen,
daß sein Urteil über andere immer günstig gewesen wäre, aber
stets wurde es in der freundlichsten Weise ausgedrückt."
(Worte des Generals Sir Beaucharnps Walker. S. Rodd
Friedrich III. als Kronprinz und Kaiser.)
§ 325. Wilhelm II., Deutscher Kaiser, König von
Prerchen, seit dem 15. Jnni 1888.
1. Des Kaisers Vorbildung auf seinen Beruf. Unser
Kaiser und König Wilhelm II. wurde am 27. Januar 1859 ge¬
boren. Er wuchs unter der fürsorgenden Pflege seiner Eltern
in gewissenhafter Arbeit aus und ging unter der Leitung seines
Erziehers Dr. Hinzpeter aus das Gymnasium zu Cassel, wo
er aus den elterlichen Wunsch geradeso behandelt wurde, wie
seine Mtschüler. Er zeichnete sich durch Fleiß, Pünktlichkeit und
Ordnungsliebe aus. Besondere Vorliebe zeigte er für die Ge¬
schichte. Mit seinen Mitschülern verkehrte er sehr freundlich. Im
Sommer wohnte er aus dem Schlosse Wilhelmshöhe, von wo er
jeden Morgen zum Gymnasium ritt. Im Januar 1877 bestand
er die Reifeprüfung. Bei dieser Gelegenheit erhielt er eine Denk¬
münze zur Anerkennung feines Fleißes. Von Herbst 1877 bis
Herbst 1879 studierte Prinz Wilhelm an der Hochschule zu Bonn.
Obwohl er mit Ernst und Eifer die Vorlesungen besuchte, be¬
teiligte er sich doch auch in harmloser Freude an dem fröhlichen
Studentenleben. .
Nach der Sitte des preußischen Königshauses war Prinz
Wilhelm mit dem zehnten Lebensjahre zum Leutnant ernannt
worden. Während seiner Gymnasialzeit beteiligte sich der Prinz
an den militärischen Übungen nicht. Nachdem er das Gymnasium
verlassen hatte, wurde er zum Oberleutnant im ersten Garde¬
regiment zu Fuß zu Potsdam ernannt. Hier tat er seinen
Dienst wie jeder andere Leutnant; in der dienstfreien Zeit wurde
er in den Kriegswissenschaften unterrichtet.
Im Jahre 1880 verlobte er sich mit der Prinzessin Auguste
Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, der
Tochter des Herzogs von Augustenburg, der als Erbprinz im
Jahre 1863 Erbansprüche auf die Elbherzogtümer erhoben hatte,
sich aber nicht mit Preußen hatte einigen können. Am 27. Februar
1881 fand die Vermählung statt.
Unterdessen war der Prinz eifrig bemüht, sich mit allen
Zweigen des Heeresdienstes vertraut zu machen. Sein Gro߬
vater kommandierte ihn zur Dienstleistung bei den verschiedenen
Waffengattungen; längere Zeit war Prinz Wilhelm Kommandeur