——— 2 Der Hecht im Fischteiche. 257
nicht eine ganze Anzahl seiner eignen Geschwister verspeist
hatte, wãren sie spãter alle zusammen im Teiche Hungers ge-
storben. Und frab er sie nicht, so taten's die Halraupen, der
Barsch oder ein andrer; so blieb es doch hübsch in der
Familie. Er machte sich auch kein Gewissen daraus und fühlte
nicht mehr Reue und Kummer dabei, als wenn ein Knabe ein
Zuckerplãtzchen verzehrt.
Es ist sculimm, wenn einer nur dadurch satt werden kann,
daß er die andern auffrißt. Sein Lebtag hatte der Hecht Mühe
und Not dabei und zuletzt sogar noch den Tod davon.
Zunãchst machte er sich an die kleinsten Fische im Teiche.
Die muntern Gründlinge hatten ihre hellblauen Eier an den
Steinen des Grundes festgekittet, das gab bequeme Mahlzeiten
für den hungrigen Burschen. Erst speiste er Laich, und wie
die jungen Gründlinge ausschlüpften und sich eben umsehn
wollten, wo sie eigentlich wären, da hatte der Hecht schon
ein Dutzend und mehr von ihnen weggeschnappt. Die andern
fuhren nach allen Seiten auseinander oder versteckten sich
zu den Kaulkõpfen unter die Steine.
Die kleinen Fische wurden von Tag zu Tag gröber und
flinker, und dem Hecht ward's schon schwerer, den quälenden
Hunger zu stillen. Er mubte Jagdkünste lernen und flink
werden oder — verhungern.
Die andern Fische wissen es recht gut, welch ein schlimmer
Patron der Hecht ist, und nehmen beizeiten vor ihm RBeibaus.
Sie können ihn zwar nicht aus weiter Ferne riechen, wie
efwa die Pferde den Wolf wittern; denn die Nasen aller Fische
sind nicht sonderlich fein. Auch können sie ihn nicht weither
hören wie der Hase den Hund; denn die Fische machen beim
Schwimmen wenig Geräusch, und ihre Ohren sind nicht sehr
empfindlich. Desto besser aber können sie sehn, selbst drunten
in der Tiefe, wo es einem Menschen schwarz vor den Augen
wird. Sie sind auch allesamt Meister im Schwimmen. Jede
Art verfährt dabei auf ihre besondre Weise: die einen tauchen
Vaterlãndisches Lesebuch. A. II.
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