Full text: Lehrbuch der Geschichte des deutschen Volkes für die oberen Klassen katholischer höherer Mädchenschulen

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1865 in vielen Gegenden als neue Frucht die Zuckerrübe eingeführt, 
welche Deutschland bald zum Hauptmarkte des Zuckerhandels machte. Auch 
unter der Landbevölkerung hat sich so in neuerer Zeit eine große Wohl¬ 
habenheit verbreitet, die sich in dem Äußeren der Dörfer bekundet. Augen¬ 
blicklich jedoch sieht der Landmann trotz der reichen Ernte der letzten Jahre 
mit Besorgnis in die Zukunft, da die Getreide- und Zuckerpreise andauernd 
sehr niedrig sind. 
An geistiger Durchbildung übertrifft das deutsche Volk in unseren 
Tagen alle anderen Völker. Infolge des allgemeinen Schulzwanges, 
der in manchen anderen Staaten nicht besteht, können alle Deutschen, mit 
verschwindend geringen Ausnahmen, wenigstens lesen und schreiben. Für die 
Verbreitung der Wissenschaft in weiten Volkskreisen wirken in neuester Zeit 
mit großem Erfolge volkstümlich gehaltene Vorträge, Konversationslexika, 
billige Ausgaben lehrreicher Bücher, Zeitschriften und Zeitungen. Freilich ist 
die Lesewut der Jetztzeit nicht ohne ernste Gefahren, da Bücher, Zeitschriften 
und Zeitungen leider oft dem Glauben und der guten Sitte Hohn sprechen. 
Höhere Bildung vermitteln Gymnasien, Realschulen, Universitäten (mit 
der neuen Reichs-Universität Straßburg jetzt 20), technische Schulen aller 
Art, Kunstakademien. Musik-Konservatorien usw., die sämtlich auf hoher 
Stufe stehen 
Der menschliche Geist hat es in dem „Zeitalter der Erfindungen" in 
der Tat recht weit gebracht. Insbesondere hat sich der Wohlstand der 
Bevölkerung außerordentlich gehoben. Aber wo viel Licht ist, da ist auch 
viel Schatten. So fehlt es auch unserer Zeit trotz aller Fortschritte nicht 
an Schattenseiten. Das Hasten und Jagen nach Geld und Gut fördert die 
Unredlichkeit; das Familienleben hat in weiten Kreisen viel von seiner alten 
beglückenden Häuslichkeit verloren; der mühelose oder doch leichte Erwerb 
hat die Genußsucht in allen Kreisen bedenklich gefördert. Eine der be- 
trübendsten Folgen des heutigen Fabrikwesens aber ist das Elend der 
Arbeitermassen, welche zum großen Teile erbitterte Feinde der besitzenden 
Klassen und der bestehenden Staatsordnung geworden sind. (Arbeiter¬ 
frage.) Obwohl der Staat durch die soziale Gesetzgebung (§ 85, 4 
und § 87, 3) manche vorhandene Mißstände beseitigt hat, ist jene gefähr¬ 
liche Bewegung noch immer im Zunehmen begriffen. 
Auch die Handwerker sind durch die Ausdehnung des Fabrikwesens 
in Mitleidenschaft gezogen worden, da sie ihre Erzeugnisse nicht so billig 
4. Volksbildung. 
5. Soziale Krage. 
	        
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