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§ 7. Humanismus unb Renaissance in Deutschland. Auch in^beuwje
Deutschland hielt der Humanismus seinen Einzug. Der „König der mus.
Humanisten", Desi^erius Erasmus, stammte aus Rotterdam, das
damals noch für eine Stadt des deutschen Reiches galt, und lebte meist
in Basel; er war ein feinsinniger und geschmackvoller Gelehrter, der auch
die Schäden der Kirche wohl einsah, Luthers Bahnen aber nicht folgte.
Ihm zur Seite steht Johannes Reuchlin, der aus Pforzheim stammte,
und dessen besonderes Verdienst die Wiedererweckung der hebräischen
Studien ist; größer noch als er wurde sein Großneffe Philipp
Melanchthon, ursprünglich Schwarzerd, der bereits mit kaum 17 Jahren
in Tübingen die Magisterwürde erhielt, nachher an die Universität Witten¬
berg berufen und Luthers vertrauter Freuud und Helfer wurde. Eine
besondere Stellung unter den Humanisten nimmt der kühne und feurige
Ritter Ulrich von Hutten ein, der einst für den geistlichen Stand be¬
stimmt worden, aber aus dem Kloster entsprungen war und ein unstetes
Wanderleben führte; in seinen Streitschriften, die er anfangs lateinisch,
später deutsch schrieb, wandte er sich mit großer Schärfe gegen das
Papsttum. Sein Wahlspruch war: „Ich hab's gewagt!" Von ihm
stammt das Wort „O Jahrhnndert, o Wissenschaften, es ist eine Lust
zu leben! Es blühen die Studien, die Geister erwachen!"
In denselben Jahrzehnten erreichte die deutsche Kunst ihren Höhe-Die^dkunche
Punkt, vor allem die Malerei. Damals lebte der aus Nürnberg ge¬
bürtige Albrecht Dürer, der größte deutsche Maler, der Schöpfer von
Heiligenbildern, Porträts, Kupferstichen und Holzschnittwerken; ein Mann
von tiefem deutschem Gemüt, ein treuer Anhänger Martin Luthers.
Ihm steht zur Seite Hans Holbein, ein Augsburger von Geburt, der
aber lange in England weilte, wo er mehr Aufträge erhielt als im
Vaterlande; von ihm stammt u. a. das Darmstädter Bild der Mutter des
Heilandes. Ferner sind der große Kolorist Mathias Grünewald und
Luthers Freuud Lukas Kranach zu nennen. Unter den deutschen Erz-
gießern ragt Peter Bischer hervor, der wie Dürer aus Nürnberg
stammte, und dessen berühmtestes Werk, das figurenreiche Grabmal
des heiligen Sebaldus, in der dortigen Sebaldnskirche steht. Zugleich
blühte die Bildhauerkunst und die Holzschnitzerei. Was endlich die
Baukunst anlangt, so folgt auch in Deutschland auf das Zeitalter der
Gotik ein Zeitalter der Renaissance, das bis zum Dreißigjährigen Kriege
gedauert hat; das herrlichste Baudenkmal jenes Stils ist wohl das
Heidelberger Schloß, das leider seit seiner Zerstörung durch die Heere
Ludwigs XIV. eine Ruine ist.