Full text: Deutsche Geschichte vom 16. bis zum 18. Jahrhundert für die 3. Klasse (Teil 4)

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mußte durch ein Gottesurteil seine Unschuld beweisen (glühendes Eisen, Kessel¬ 
probe, Zweikampf), ÜHit der sinkenden Macht der Kaiser nahmen Faustrecht 
und Gewalttaten überhand, und mancher hochgestellte Verbrecher wußte sich der 
Strafe der Gerichte zu entziehen. Da lebten in Westfalen (aus „roter Erde") 
die Reste der alten Volksgerichte wieder auf, die unter dem Namen Fem¬ 
gerichte «auch Frei- oder heimliche Gerichte) zu hoher Bedeutung gelangten 
und die im Namen des Kaisers ohne Ansehen der Person die Übeltäter zur 
gerechten Strafe zogen (Wissende, Freigras und Freischöffen, Freistuhl, Vor- 
ladebries). Nichterschienene wurden „verfemt", d. h. ohne Urteil gehängt, wenn 
Wissende ihrer habhaft wurden. Vom 16. Jahrh, an blieb die Tätigkeit der 
Femgerichte fast nur uoch auf Westfalen beschränkt, wo 1>je letzten Reste erst 
im 19. Jahrh, erloschen. 
* Das Kriegswesen. 1. Die Ritterheere. Seit Heinrich I. bildeten 
den Kern der Heere die Ritter. Sie wurden von ihren Knappen und 
Knechten begleitet und entschieden den Kampf durch ihre persönliche Stärke, 
Gewandtheit und Tapferkeit. Verstärkt wurden die Ritterheere durch Ab¬ 
teilungen von Bogen- und Armbrustschützen. Mit der Einführung der Feuer¬ 
waffen (um 1400) verloren die Ritterheere ihre Bedeutung; denn Schild und 
Panzer boten keinen Schutz mehr gegen die vernichtende Wirkung der Kugeln. 
2. Die Landsknechte. Die größeren Städte waren die ersten, die 
Fußtrnppen gegen einen bestimmten Sold anwarben (Soldaten). Besonders 
ausgebildet wurde das Söldnerwesen unter Maximilian I. Er warb nur 
Söldner aus den kaiserlichen Landen an. Man nannte sie darum im Gegen¬ 
satze zu den Schweizern, die gesuchte Söldner waren, Landsknechte. Der 
berühmteste Landsknechteführer war Georg von Frnndsberg (um 1500). 
Die Landsknechte hatten eigene Gesetze und eigene Gerichtsbarkeit. Ihre 
Bekleidung war je nach ihren Mitteln verschieden. Gemeinsame Kennzeichen 
waren Abzeichen ans der Schulter oder an der Kopfbedeckung. Schwert, 
Lanze, Hellebarde (Lanzenbeil), zum Teil auch schwere Feuerrohre mit Gabel¬ 
stock bildeten die Bewaffnung. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts ver¬ 
schwindet die Bezeichnung Landsknechte; der Name Söldner wurde allgemein. 
3. Die Söldner des 30-jährigen Krieges unterschieden sich von den 
Landsknechten dadurch, daß sie aus aller Herren Ländern von bemittelten Heer¬ 
führern angeworben wurden (Werbeosfiziere, Handgeld). Der berühmteste und 
wohlhabendste Feldherr hatte den größten Zulauf (Wallenstein). Die Heere 
bestanden aus Reiterei, Artillerie und Fußvolk. Letzteres gliederte sich in 
„Fähnlein", die einem Hauptmann unterstellt waren. Dieser ernannte den 
Leutnant, den Fähnrich und den Feldwebel. Für die Ordnung sorgte der 
Profoß mit seinen Stockknechten. Die Fähnlein setzteit sich aus Pikenieren 
und Musketieren zusammen. Erstere waren mit der Pike, einer bis 5 in 
langen Lanze, und mit einem großen Schwerte bewaffnet; die Musketiere 
trugen die schwere Hakenbüchse oder das kürzere Handrohr. Das Heer wurde 
von einem zahlreichen Troß begleitet (Frauen und Kinder). Im Lager ging 
es meist lustig her (Marketender, Würfelspiel, Musik; „Wallensteins Lager" 
von Schiller). Da die H>eere oft den versprochenen Sold nicht erhielten, so
	        
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