Da« Zeitaltrr bet reltglBfen Kämpf, 1619 —1648.
Dingen auch die Sache Luthers zur Verhandlung. Ein kaiserlicher Herold
lud ihn unter Zusicherung freien Geleits vor den Reichstag; und Luther
versprach trotz aller Warnungen und aller Hinweise auf das Schicksal
des Böhmen Hus zu kommen, „und wenn dort", wie er sagte, „so viel
Teufel toärettT als Ziegel auf den Dächern". Seine Reise war wie ein
Triumphzng; wie der päpstliche Legat selbst nach Rom berichtete, „riefen
tnÄrms. domals neun Zehntel der Deutschen Luther". Am 17. April ward er zum
ersten Male vor den Kaiser und den Reichstag borgefordert; auf die Frage,
ob er feine Schriften widerrufen wolle oder nicht, bat er sich Bedenkzeit aus.
die ihm gewährt wurde. Am 18. April,.abends 6 Uhr, erschien er von
°'J * neuem vor dem Reichstag. Aufgefordert, eine klare und bündige Ant¬
wort zu geben, erklärte er: wenn er nicht durch Zeugnisse der Schrift
oder durch einleuchtende Vernunftgründe überführt würde, so könne und
werde er nicht widerrufen, da wider das Gewissen zu handeln unsicher und
gefährlich sei. Er schloß, wie berichtet wird, mit den Worten: „Hier
stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helf mir. Amen." Als er in
feine Herberge kam, rief er freudig und unerschrocken: „Ich bin hin¬
durch!" Auf viele unter den Fürsten hatte er Eindruck gemacht. Der
Kaiser freilich sagte: „ Der soll mich nicht zum Ketzer machen." Er er¬
ließ, als der Reichstag seinem Ende zuging, mit Zustimmung ber noch
®a8Smferanwesenden Fürsten das Wormser Edikt, wodurch Luther in die
Reichsacht erklärt und die Verbreitung seiner Bücher und seiner Lehren
verboten wurde.
§ 13. Luther auf der Wartburg. Die Schwarmgeister. Luther, der
bereits vorher abgereist war, wurde unterwegs in einem Tale des
Thüringer Waldes auf Befehl des Kurfürsten Friedrich des Weifen unter
dem Schein eines räuberischen Überfalls aufgegriffen und nach der Wart¬
burg bei Eisenach geführt. Dort lebte der Reformator in Reitertracht als
Junker Jörg; und auf ben freien Höhen dieses Schlosses, umgeben vorn
Die Bibel, grünen bculschcn Walbe, begann er bic Bibel, zunächst bas neue Testament,
in bie beutsche Sprache zu übersetzen. So machte er bem beutschen Volke
ein herrliches Geschenk; auch bem gemeinen Manne ermöglichte er es, sich
in bie Worte bes Evangeliums zu versenken unb Trost, Erbauung unb Be¬
lehrung baraus zu schöpfen. Seine Sprache war nicht gelehrt, fonbern
so volkstümlich wie möglich; so verbreitete sich denn seine Bibel¬
übersetzung mit ungemeiner Schnelligkeit in deutschen Landen, und kein
Buch hat mehr als dieses zur Entstehung unsrer neuhochdeutschen Schrift¬
sprache beigetragen.