Römer und Germanen zur Zeit des Augustus und Tiberius.
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junge Cheruskerfürst Arminius trat. Auch er hatte in römischen DienstenArminius.
gestanden, war durch Verleihung der Ritterwürde ausgezeichnet worden und
hatte die römische Kriegskunst kennen gelernt. Er war ebenso kühn wie ver¬
schlagen, von glühender Liebe zur Freiheit und zur Heimat erfüllt, dazu ein
Mann, der anzuordnen und zu herrschen verstand. Er wußte Varus so
in Sicherheit zu wiegen, daß er die Warnungen des Segestes, eines
anderen Cheruskerhäuptlings, in den Wind schlug; dieser war mit Arminius
verfeindet, weil er seine Tochter Thusnelda wider seinen Willen entführt und
zu feiner Gattin gemacht hatte.
Im Herbst des Jahres 9 n. Chr. verließ Varus mit seinen drei Legionen
sein Sommerlager, das sich wohl an der Weser in der Gegend von Minden
befand, um einen germanischen Stamm, der sich im Einvernehmen mit
Arminius erhoben hatte, zur Unterwerfung zu zwingen. Da ward er bei
regnerischem und stürmischem Wetter in mooriger Gebirgsgegend des
Teutoburger Waldes von den Germanen mit furchtbarer Gewalt Die
überfallen und sein Heer in mehrtägigem Kampfe vernichtet. Er selbst gab tm la-eutL
sich verzweifelt den Tod; nur wenige Römer entkamen, viele Gefangene Öe.
wurden den germanischen Göttern geopfert, die Legionsadler fielen in dfe9
Hand der Feinde. Bis zum Rheine wurde Germanien befreit; Augustus, der
im Schmerze beim Empfang der Trauerkunde ausgerufen haben soll: „Varus,
Varus, gib mir meine Legionen wieder!", fürchtete schon, die Sieger würden
den Strom überschreiten. Er sandte wiederum Tiberius nach dem Kriegs¬
schauplätze, der sich aber begnügte, die Rheingrenze zu sichern.
Als nach Augustus'Tode Tiberius den römischen Kaiserthron bestieg, 14 n.Chr.
faßte Germanikus, des Drufus Sohn, der damals den Oberbefehl am
Rhein führte, den Plan, Rache an den Germanen zu nehmen und von
neuem in ihr Land einzudringen. Er befehligte acht Legionen, mit den
zugehörigen Hilfsvölkern ein Heer von 80000 Mann. Den Segestes, 2Woe
der Thusnelda wieder in seine Gewalt gebracht hatte und nuu von Armi- mantfus.
nius in seiner Burg belagert wurde, entsetzte er und führte des Arminius
Gattin als Gefangene mit sich fort. Im nächsten Jahre erschien Germanikus
an der Weser und siegte dort zweimal über Arminius, ohne doch dauernde
Eroberungen machen zu können. Da rief ihn Tiberius ab. Germanikus
feierte in Rom einen glänzenden Triumph, bei dem auch Thusnelda in
Fesseln einherschritt, aber Germanien blieb frei vom Römerjoch.
Leider riß bei den Germanen bald Zwietracht ein. Marbod und
Arminius, die beiden mächtigsten Männer in Germanien, traten sich im
Kampfe entgegen; Arminius war im Vorteil, doch war die Schlacht nicht
entscheidend. Wenige Jahre später aber ward Marbod durch einen Auf-