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(§. 48) in Verfall. Es lös'te sich in eine Menge kleiner Staaten auf, die Kalifen
umgaben sich mit einer türkischen Leibwache, die einen den Prätorianern gleichen
Einfluss erlangte. Der Türke Raik erzwang sich die Würde eines Emir al
Omra, die der des fränkischen Major domus ('§. 49) ähnlich war und den Ka¬
lifen nur eine Scheinmacht übrig ließ. 1058 ging die Würde des Emir al Omra
auf Togrulbeg, den Sultan der Seldschuken, die bisher als Nomaden am
Aralsee gelebt hatten, über. 1258 wurde Bagdad von den Mongolen erstürmt
und der letzte Kalif hingerichtet. Aus dem großen arabischen Reiche hatten sich
aber während dieser Zeit einzelne kleinere Staaten gebildet. Die Fatimiden
gründeten ein Reich, das im zehnten Jahrhundert Ägypten, die Küste Arabiens,
Palästina und Syrien umfasste. 1171 bestieg Saladin d. Gr., ein Kurde,
den Thron der Fatimiden und machte durch Eroberung Jerusalems der satimidischen
Herrschaft ein Ende. Die Nordküste von Afrika (Fez, Tunis, Algier) wurde von
Jussuff Zeiri zu einem Reiche vereinigt; ein anderes Reich fand seinen Mittel¬
punkt in Marocco und umfasste später auch das arabische Spanien. Diese Staaten
waren vielen Wechselfällen unterworfen, bis einzelne Freistaaten, wie Algier und
Tunis, entstanden. In Asien erhoben sich nach einander das Reich der Sama-
niden (Jsmael, 870), der Ghasnaviden (Muhamed I., dessen Herrschaft
sich um das Jahr 1000 vom kaspischen Meere bis über einen großen Theil Ost¬
indiens erstreckte), der Seldschuken (Seldschuk, Anführer verschiedener Türken¬
stämme; Alp-Arslan, 1050, der mächtigste Herrscher dieses Stammes), der
Ghoriden und der Chowaresmier, die 1231 den Mongolen unterlagen. —
Wissenschaften, Künste und Gewerbe erreichten eine hohe Blüte, so dass es Schulen,
Akademieen und Bibliotheken selbst in kleinen Städten gab. Liedersammlungen
(Divan), Fabeln und Märchen entstanden in zahlloser Menge; Ferdüsi, der
größte aller persischen Dichter, lebte an des Ghasnaviden Muhamed Hofe und
dichtete sein berühmtes Königsbuch (Schahnameh) (1000); Spar tri dichtete Ma-
kamen (1100). A vicenna, großer Philosoph; die realen Wissenschaften wurden
mit seltener Sorgfalt gepflegt.
III. Die Zeit der Kreuzzüge; offener Kampf zwischen
Kirche und Staat.
§. 56. Der erste Kreuzzng. Seitdem die Seldschuken Syrien und
Palästina erobert hatten, konnten die christlichen Pilger, die nach Jerusalem wan¬
derten, nur unter den größten Drangsalen ihren frommen Zweck erreichen. Einer
dieser Pilger, Peter von Amiens, fetzte mit Hilfe des Papstes Urban II. das
ganze Abendland für die Idee der Befreiung des heiligen Landes in Bewegung
(Versammlung in Clermont 1095). In allen Ständen erfasste mächtige Begeiste¬
rung die Gemüter; viele, denen die Rüstungen der Fürsten zu lange dauerten, zogen
unter der Führung Peters und Walthers ohne Habe voran (1096). Diejenigen
von ihnen, die nicht schon ans dem Wege umgekommen waren, fanden in Kleinasien
durch die Seldschuken ihren Tod. Das eigentliche Kreuzheer bestand, als in Nicäa
Musterung gehalten wurde, aus 600,000 Mann. Führer desselben war Gottfried
von Bouillon, Herzog von Lothringen; neben ihm ragten hervor sein Bruder
Balduin, Robert von Flandern, Hugo von Vermandois, der Bruder
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