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Verfassung ihrer aristokratischen Bestandtheile beraubt und Athen in 
eine vollständige Demokratie umgewandelt ward. Das Uebergewicht der 
grundherrlichen Geschlechter zu brechen, wurde die alte Eintheilung der 
Stammes- und Geschlechtsverbindungen aufgelöst; an ihre Stelle traten 
zehn Phylen, jede aus zehn Landesbezirken oder Demen bestehend. Der 
Rath der 400 ward zu 500 vermehrt, durch häufige Volksversamm¬ 
lungen die ausübende Macht der Archonten vermindert und die Wirk¬ 
samkeit des Areopags geschmälert. Zuletzt noch sicherte man die junge 
demokratische Republik vor allen künftigen Uebergriffen durch die seltsame 
Einrichtung des Ostrakismos, des Scherbengerichtes, vermittelst dessen 
jeder bevorzugte und ausgezeichnete Bürger, den man als gefahrdrohend 
für die Freiheit hielt, durch Stimmenmehrheit auf zehn Jahre verbannt 
werden konnte, ein Recht, von welchem die Athener nur allzuoft und i 
nicht immer am rechten Orte Gebrauch machten. 
So hatte nun das attische Reich auf seinem Ikampfvollen Wege nach ; 
der Volksherrschaft bereits die dritte Umwandlung der Staatsform er¬ 
fahren. Das Ende der bürgerlichen Kämpfe war indeß noch lange nicht ; 
gekommen. Die neue Verfassung konnte weder den durch und durch t 
aristokratisch gesinnten Spartanern, noch den athenischen Adeligen ge- ^ 
fallen; Theben zürnte, weil die ehemals unter thebanischer Herrschaft 1 
stehende Stadt Platäa sich unter athenischen Schutz begeben hatte. So d 
rüsteten sich die Feinde der athenischen Freiheit von allen Seiten in i 
der Stille; doch nur die Spartaner selbst wußten, daß es sich überhaupt j 
um die Existenz des athenischen Staates und nicht nur um seine demo- , 
statische Regierung handle. Es waren drohende Zeiten für Athen, da t 
die beiden lakedämonischen Könige Kleomenes und Demaratos an der i 
Spitze eines peloponnesischen Heeres in die Ebene von Eleusis einfielen, , 
um wie sie angaben, die Aristokratie in Attika wieder herzu- < 
stellen. Als aber die Athener sich ihm in der eleustmschen Ebene 5 
gegenüberstellten und die bisher absichtlich in Unwissenheit erhaltenen i 
peloponnesischen Führer jetzt erst völlig einsahen, was die Spartaner mit J 
diesem Heereszuge eigentlich beabsichtigten, wandten sich zuerst die Ko- * 
rinther, um nach der Heimath zurückzukehren, dann auch die übrigen n 
Bundesglieder. Die Spartaner, für sich allein zu schwach zum Angriff, ,] 
sahen sich gezwungen, dem allgemeinen Beispiele zu folgen und Athen n 
qetoann in solcher Weise einen wichtigen Sieg ohne allen Kampf. Der ^ 
Streit mit den thebanifchen Nachbarn war bald angefochten und die * 
athenische Macht in raschem Steigen. 
Die Athener wuchsen und nahmen zu/ sagt der alte Herodot. ,,us «. 
ist aber offenbar, nicht blos aus einem Grunde, sondern aller Wege, daß 
die bürgerliche Freiheit eine vortreffliche Sache ist, da auch die Athenäer, j 
so lange sie unter Herren standen, keinem der benachbarten Völker im n 
Kriege überlegen waren; als sie aber der Herren ledig waren, da ar- 4 
beitete ein Jeglicher gerne zu seinem eigenen Nutz und Frommen.
	        
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