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sich in den Besitz von Oberitalien setzten. Die Geschichte ihres Eindrin¬ 
gens in Italien klingt abenteuerlich genug. Als der Feldherr Narses, 
gleich Belisar, nach all' seinen glänzenden Kriegsthaten in Ungnade am 
griechischen Hofe fiel, und von der Kaiserin Sophia, Gemahlin Juftinns 
II mit höhnischen Worten Rocken und Spindel zugesandt erhielt, erwi¬ 
derte er, so wird erzählt, „er wolle ihr einen Faden spinnen, den sie ihr 
Leben lang nicht abwinden könne." Darauf rief er die Longobarden 
mit ihrem König Alboin in's Land. Sie eroberten alsbald ganz 
Qberitalien mit dem Schwert, und setzten sich als Herren darin fest. 
Alboin fiel durch den Verrath seiner Gemahlin Rosamunde, einer Tochter 
des von ihm besiegten Gepidenkönigs Kunimund, aus Rache, daß er sie 
bei einem fröhlichen Gelage aus dem Schädel ihres gemordeten Vaters 
zu trinken gezwungen. So wenigstens erzählt es der longobardische 
Geschichtschreiber Paulus Diaconus. Auf Alboin folgte eine Reihe von 
Königen, welche die Macht und Blüthe ihres Reiches ausbreiteten und 
befestigten, während die ursprünglichen Einwohner des eroberten Landes 
in dem rechtlosen Zustand von Unfreien unter dem harten Drucke der 
Sieger schmachteten. 
Außer Pavia, dem Hauptsitz der longobardischen Könige, entstanden 
noch andere große, mehr stark und fest als schön gebaute Städte; auch 
Klöster und Kirchen, -Straßen und Durchgangspässe bis in die Schwerz 
und nach Tyrol Die deutschen Fremdlinge trieben Viehzucht und Acker¬ 
bau mit glücklichem Erfolge, und das Land erblühte fchön und upprg 
unter ihren Händen. Deutscher Sitte treu, hatte ihr König keme ande¬ 
ren Einkünfte, als den Ertrag seiner Landgüter; er zog auf den Meh¬ 
reren umher und verband mit den Pflichten eines Gutsherrn und emes 
Hausvaters die Würde eines Heerführers und obersten Richters. Den 
vornehmsten und tapfersten Männern des Volkes waren große Lände¬ 
reien eingeräumt, die sie selbst, gleich den alten römischen Senatoren, 
mit ihren Knechten bearbeiteten. Sie galten als Fürsten des Volkes 
und hatten Hofämter bei dem Könige. Andere erhielten kleinere Be¬ 
sitzungen ; sie waren die freien Landsaffen. Das Land war rn Gaue 
eingetheilt, deren jeder seinen Heermann oder Ammann hatte; die Richter 
hießen Schultheiße. Ueber mehrere Heermanne war ein Graf (ein Grauer, 
Alter Senator , über mehrere Grafen ein Herzog gesetzt; über allen stand 
der König, den das ganze Volk, 6. H. die Gesammtheit der Freren, 
wählte, oder die Edlen allein, wenn das Volk die Wahl ihnen überließ. 
Bei den Longobarden gab es schon frühseitig geschriebene Gesetze 
und an höflichen Formen fehlte es ihnen nicht, wenn es wahr ist, daß 
im Eingänge des longobardischen Gesetzbuches geschrieben steht: ^Serne 
Excellenz, Rothar, siebzehnter König der Longobarden, in dem achtund, 
dreißigsten Jahre Ihres Alters, haben in Erwägung, daß der geringe
	        
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