in das andere führen. „Wer möchte," sagten sie, „Asien, Afrika oder? 
Italien verlassen, um Germanien aufzusuchen, welches häßlich ist von ji 
Seite der Erde, rauh von Seite des Himmels, traurig für den, der estz 
bewohnt oder auch nur besieht, außer es wäre sein Vaterland?" 
So schlimm aber war es nicht, und die Germanen hatten wohl Ur- 
sache, ihr rauhes Vaterland zu lieben. Neben der mächtigen Eiche unbd 
der schön belaubten Linde wuchsen Fruchtbäume von mancherlei Art unb 4 
der Boden prangte in frischem Wiesen- und Felderschmuck. Die Berge s; 
lieferten Eisen zu Wehr und Waffen und Heilquellen in heißem Spru---: 
del aus der Erde hervor; die Menge der Heerden und den Reichthum ri 
an Pferden bewunderten selbst die Römer. Nur die Gold und Silbern 
bergenden Schachte hatten sich noch nicht geöffnet. Kauf und Verkaufs 
beruhte auf Tauschhandel; dem Germanen waren goldne und silbernes: 
Gefäße nicht werthvoller als die irdenen, welche seinem Bedürfnisses 
dienten. 
Folgen wir der Schilderung des Tacitus, in dessen williger und d 
rückhaltloser Bewunderung des deutschen Charakters und Wesens der? 
Schmerzensruf über die römische Verderbniß mitklingt. Je mehr fein ir 
eigenes Vaterland erneut rühmlosen Untergang entgegensah, in desto 0 
hellerem Lichte erschien ihm das germanische Volksleben in seiner frischen jr 
Kraft und Reinheit. Es zieht sich durch das Buch des großen Ge- 
schichtschreibers eine dunkle Ahnung, daß von diesem Volke einst Gefahrri 
und Verderben über Rom kommen werde. Seine Hoffnung beruhtes] 
allein auf der Zwietracht derer, die er fürchtete. „Möge den germani- *j 
fchen Völkern doch bleiben und dauern, wo nicht die Liebe zu unsMo 
doch der Haß gegen sich selbst; denn bei des Reiches drohendem Ge---: 
schick kann das Verhängniß uns nichts Größeres mehr gewähren als betn; 
Feinde Zweitracht." 
Die Völker Germaniens wohnten nicht in Stabten; sie duldeten nichts 
einmal zusammengebaute Häuser. Abgesondert fiebelten sie sich an, wie oi 
ein Quell, eine Flur, ein Gehölz sie einlub. Der Ackerbau war btesi 
Grunbbedingung ihres Daseins. „Wie ber Himmel ben Göttern, so„a 
meinten sie, seien bie Länber ben Menschen gegeben; unwillig blicke bie oi 
Sonne auf Debung ttnb Wüstenei." 
Schon bei Tacitus tritt bie Glieberung bes Volkes nach Ständen n 
deutlich hervor. Je nach betn Maße bes Grunbbesitzes, ber Geburt und di 
Rechte schieben sich bie Germanen in Freie unb Unfreie. Die Ge- 
schlechtshäupter würben als Abelinge ben Gemeinfreien ent--: 
gegengesetzt. Der Grunbherr war bas Oberhaupt ber ganzen Familie si 
(Sippe, Sippschaft), bie um bas Hofgut angesiebelt war. Das Ver- < 
mögen ging nach einem bestimmten Gewohnheitsrecht auf bie Söhne 2/ 
ober nächsten männlichen Verwanbten über; Frauen unb Töchter konnten ji: 
nicht in bas Grunbrecht eintreten. Ihre Versorgung unb Beschützung $ 
war bie heiligste Pflicht ber nächsten männlichen Anverwanbten.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.