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und dasselbe und man hat bald gesagt, es sei gewesen, als ob sie zu¬ 
sammen Deutschland regierten." 
In diesen Verein gehörte auch Bruno, des Königs zweiter Bruder,' 
welcher, von Kind an zur Kirche bestimmt, an edler Gesinnung und 
Gelehrsamkeit die Ersten seiner Zeit überstrahlend, seinem Bruder als 
treuer Helser zeitlebens zur Seite stand. Er war der Gründer und 
Förderer des durch Gelehrsamkeit und Frömmigkeit berühmten Clng- 
menser Ordens, welcher über ganz Deutschland verbreitet, mehr denn 
2000 Familienklöster zählte. Der Geschichtschreiber sagt von ihm, daß 
er, wie die Israeliten ihre Bundeslade, stets seine Bücher bei sich ge¬ 
tragen habe. 
Auf die Bitte der Königin Mathilde, seiner Mutter, verlieh Otto 
in der Folge seinem Bruder Heinrich das Herzogthum Baiern-, das er¬ 
ledigte Schwaben seinem Tochtermanne Konrad; die aufrührerischen 
Fürsten und Bischöfe waren zum Gehorsam gebracht, die Ungarn von 
den Grenzen zurückgetrieben und die Slaven sollten durch Einführung 
des Christenthums allmählich besänftigt werden. 
Während Deutschland in ungewohnter Sicherheit seine inneren 
Kräfte zu entwickeln begann und Handel und Gewerbe sich zusehends 
erhoben, traf den König der Verlust seiner vielgeliebten Gemahlin Editha, 
einer angelsächsischen Königstochter, die ihm sein Vater Heinrich einst 
zugeführt hatte und die an Schönheit und Tugend, in aller weiblichen 
Liebenswürdigkeit und edlen Frömmigkeit ein Vorbild war, gleich ihrer 
Schwiegermutter Mathilde, deren Stelle sie ersetzte. Sie starb im Jahre 
940 und ihr Andenken ward in Liedern und Legenden auf's Lieblichste 
verewigt?) Otto, tief erschüttert und mächtig ergriffen von dem Schlage, 
der sein innerstes Wesen traf, wandte sich von nun an viel mehr als 
früher den religiösen und kirchlichen Dingen zu und suchte Trost in der 
Liebe der beiden Kinder, die ihm Editha hinterlassen: Liudolf, der schon 
*) Otto soll bisweilen der Editha ihre große Mildthätigkeit verargt und ihr ein¬ 
mal im Zorn verboten haben, ihre Hand ferner den Armen zu öffnen. Um sie zu 
prüfen, so erzählt die fromme Legende, trat er einst selbst an einem Feiertage verkleidet 
tm Bettlergewande an eine Kirchenthüre, als die Königin im prächtigen Festschmucke 
sich näherte. Dringend sprach er sie um ein Almosen an. Sanst verweigerte sie: sie 
habe nichts als ihre Kleider. Noch dringender hielt er sie am Mantel zurück. Nur 
ein Fetzen hiervon, sagte er, würde den Armen Helsen. Sie, die der Rührung nicht 
mehr gebieten kann, erlaubt ihm endlich, einen Aermel des kostbaren Gewandes zu 
nehmen. Als sie darauf au der Tafel des Königs erscheint, trägt sie einen andern 
Mantel, als am Morgen, und scheinbar erstaunt fragt sie der König, warum sie die 
Tracht gewechselt. Verlegen sucht sie nach einer Ausflucht. Da läßt der König den 
Mantel holen, um sie zu beschämen, denn er trug den Aermel bei sich, den sie ihm 
gegeben hatte. Aber siehe, ein Wunder! als der Mantel gebracht wurde, fanden sich 
beide Aermel an ihm und der König bekannte: die er habe erproben wollen, habe 
der Himmel erprobt gesunden."
	        
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