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bis in's innerste Mark. Innocenz IV. rüstete sich jetzt, den entscheiden¬ 
den Schlag auszuführen. Er versammelte zu Lyon, wo er seinen zett- 
welligen Aufenthalt genommen, ein feierliches Concilium, welches den 
Kaiser als einen Verächter und Feind der Kirche, als heimlichen Mu- 
hamedaner anklagte, der mit den Saracenen in Palästina Bündniß und 
Freundschaft geschlossen habe und die Bischöfe und Priester täglich ihrer 
Güter und Rechte beraube; er sprach den Bann über ihn aus, entsetzte 
ihn der kaiserlichen Würde, entband Alle, die ihm durch Eid der Treue 
oder auf sonst irgend eine Weise gebunden waren, ihrer Verpflichtung 
und ließ den deutschen Fürsten gebieten, einen anderen Kaiser zu wählen 
Umsonst bemühten sich die Gesandten des englischen und französischen 
Hofes den harten Sinn des Papstes zu mildem Laut wehklagten dre 
kaiserlichen Abgeordneten: „Dies ist ein Tag des Zornes, des Unglücks 
und des Elends!" Innocenz aber sprach: „Das Meine habe ich ge¬ 
than, Gott möge das Weitere lenken nach seinem Willen." Hierauf be> 
qann er das: Herr Gott, dich loben wir, und die ihm gleichgesinnten 
stimmten ein. Dann senkte der Papst und die Prälaten in tiefer Sülle 
ihre brennenden Fackeln zur Erde, bis sie verlöschten, zum Zeichen, daß 
nun des Kaisers Glanz und Glück erloschen sei. 
Innocenz bot dem Könige Ludwig DL von Frankreich die Kaiser 
frone für seinen Bruder Robert an. Ludwig aber antwortete: „Wart 
welchem Rechte sann der heilige Vater einen so großen Fürsten, der 
keinen über sich hat, verdammen und absetzen? Er ist gegen uns stets 
ein treuer Nachbar gewesen, und wir haben nicht gesehen, daß er etwas 
gegen die Religion gethan hätte." Als der Kaiser die Nachricht semer 
Absetzung vernahm, gerieth er in heftige Bewegung. „Hat mich der Papst 
in seiner Versammlung meiner Kronen beraubt?" sprach er zürnend. 
..wo sind die Reisekisten, die meinen Schatz enthalten?" Als sie gebracht 
und vor ihm aufgeschlossen wurden, sagte er: „Sehet, ob meine Kronen 
verloren sind!" Er ergriff eine der sieben, die auf seinem Haupte ver¬ 
einigt waren*), und setzte sie auf. „Noch habe ich meine Kronen nicht 
verloren, und kein päpstlicher Uebermuth, keine Kirchenversammlung soll 
sie mir ohne blutigen Kampf rauben!" . 
Der Papst war zu weit gegangen, das fühlten selbst Friedrich» 
Feinde. Noch standen die Reichsfürsten auf seiner Seite. In Würzburg 
traten sieben Bischöfe mit einigen erkauften Adeligen zusammen; sie 
wählten den Landgrafen Heinrich Raspe von Thüringen zum Könige 
und krönten ihn zu Aachen. Man nannte ihn den Pfaffenkömg; von 
Friedrichs Sohne Konrad IV. hart bedrängt und in der tochlacht bet 
Ulm besiegt, starb er schon nach zwei Jahren, verachtet und von seinem 
Anhange verlassen, auf der Wartburg. Wir werden Gelegenheit finden, 
*) Die kaiserliche, die deutsche, die burgundische, die lombardische, die sicilische, die 
sardinische, und endlich die Krone von Jerusalem.
	        
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