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brocken hatte. Kaum zum Könige ausgerufen, bemächtigte sich sein Oheim,
fieraoq Richard von Glocester, — ein Auswurf der Menschheit, eben so
häßlich an Seele, als an Körper, — der Regentschaft, dann der Person
des Königs und endlich des Thrones. Richards Lebensgeschichte bildet
an sich schon ein schaudererregendes Drama, und wie Shakespeare ui Hein¬
rich V. den ächten König, den Liebling Gottes und der Menschen ge¬
zeichnet, so hat er in seinem Richard III. mit dem ganzen Gewicht seines
mächtigen Genius das Bild des geborenen heuchlerischen Bösewichts und
blutdürstigen Tyrannen in historischer Treue und ergreifender Wahrheit
dargestellt. Nachdem Richard, vom Volke verabscheut, vom Parlament
nicht anerkannt, sich durch die schändlichsten Mittel der Luge und
Verstellung, durch Blut und Mord auf den Thron geschwungen
und den jungen König mit seinem Bruder im Schlafe hatte
morden lassen, suchte er sein Anrecht auf die Krone durch eine Heirath
mit ihrer Schwester Elisabeth, der Tochter Eduard's IV, zu befestigen.
Solche Gräuel konnten nicht straflos bleiben. Ein großer Anhang
der verwittweten Königin rief den Grafen Heinrich von Richmond
einen Abkömmling des Hauses Lancaster, der sich m Frankreich aufhielt,
mrück. Heinrich landete mit 4000 Franzosen, die ihm König Karl JHL
von Frankreich überlassen hatte; es kam zur Schlacht und Richard. III.
verlor bei Bosworth, von den meisten seiner Leute wahrend des Tref¬
fens verlassen. Krone und Leben. .
Triumphirend zog Heinrich *) in London ein und wurde (3.485) »om
Volke und Parlamente zum Könige ausgerufen. Er verewigte durch
seine Vermählung mit der Prinzessin Elisabeth die rothe und weiß
Rose und endete dadurch den blutigen Krieg, in welchem, außer den
Tausenden vom Ritterstande und Gemeinen, viele Barone und achtzig
königliche Prinzen das Leben emgeMßt hatten.
siebenten Könige dieses Namens in England, erhob sich das Haus Tudor
auf den englischen Thron, das bis 1603 in vollem Glanze seme Herr¬
schaft entfaltete.
*) Es war ein Enkel Katharinens von Frankreich, der Gemahlin König Hem-
rick's V von England, und zwar aus ihrer zweiten Ehe mit Owen Tudor, sem Vater
Edmund Tudor hatte auch eine'Lancaster zur Frau, nämlich Margarethe von Somer¬
set; er wurde Graf von Richmond, weswegen man ihn allgemem für ernen Lan¬
caster ansah.