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erleiden, seinen Freund und Fluchtgenossen, Katte. vor seinem Fenster, 
zur Strafe für die Mithülfe, die er ihm geleistet, enthaupten zu sehen! 
Am Morgen des sechsten November 1730 wurde die Hinrichtung voll¬ 
zogen. Den Kronprinzen nöthigte man an's Fenster zu treten. Als er 
den Freund inmitten des Zuges zwischen zwei Predigern erblickte, rief 
er hinab: „Verzeihe mir, mein theurer Katte!" — „Der Tod für einen 
so liebenswürdigen Prinzen ist süß," erwiderte Jener. Dann schritt der 
Zug den Wall hinaus und Katte empfing, von christlicher Tröstung ge¬ 
stärkt, den tödtlichen Streich. Aber auch die starke Natur des Kron¬ 
prinzen erlag; Ohnmachten ergriffen ihn und, wie einer seiner Biographen 
sagt, „die Schale, die sein Herz umschlossen hielt, war gesprungen." 
Nach einiger Zeit aus dem Gefängniß entlassen, versöhnte sich Fried¬ 
rich mit seinem Vater, der ihn nun wieder in Gnaden aufnahm. Beide 
mochten fühlen, daß sie zu weit gegangen waren, und das Verhältniß 
wurde, nach gegenseitiger besserer Würdigung und Einsicht, von nun an 
nicht weiter gestört und befestigte sich im Gegentheil durch zunehmende 
Achtung und herzliches Einverständniß auf immer innigere Weise. 
Friedrich trat in eine wirksame Thätigkeit im Staat und Heere, 
und seine Mußezeit verlebte er in dem, ihm von seinem Vater über¬ 
lassenen anmuthigen Schlosse Rheinsberg (unweit Ruppin). Hier ergab 
er sich mit voller Lust in einem geistreichen Freundes-, Künstler- und Gelehr¬ 
tenkreise den edlen Genüssen der Wissenschaft und Poesie, mit welchen er 
sich wohl selbst die Freuden des häuslichen Lebens ersetzte, denn leider 
gelang es seiner, obwohl liebenswürdigen, doch allzuschüchternen Ge¬ 
mahlin, der ihm gegen seine Neigung angetrauten Prinzessin Elisabeth 
Christine von Braunschweig, nie, die volle Liebe ihres Gemahls zu ge¬ 
winnen. 
Zur Schilderung des reizenden Aufenthaltes in Rheinsberg mag in 
der Anmerkung ein Brief des Barons Bielfeld, eines Zeitgenossen 
Friedrich's, Raum finden, welcher im letzten Jahre unter die Rheins¬ 
berger Freunde aufgenommen war, und ein anschauliches Bild des an- 
muthig geistig bewegten Lebens giebt, dessen Mittel- und Glanzpunkt 
Friedrich war *). 
*) „Die Lage des Schlosses," so schreibt dieser Augenzeuge und Theilnehmer, „ist 
schön. Ein großer See bespült säst seine Mauern, und jenseit desselben zieht sich 
amphitheatralisch ein schöner Wald von Eichen und Buchen hin. Das ehemalige 
Schloß bestand nur aus dem Hauptgebäude mit einem Flügel, an dessen Ende sich 
ein alter Thurm befand. Dies Gebäude und seine Lage waren geeignet, das Genie 
und den Geschmack des Kronprinzen und das Talent Knobelsdorfs zu zeigen, welcher 
Aufseher über die Bauten ist. Das Hauptgebäude wurde ausgebessert und durch 
Bogenfenster, Statuen und allerhand Verzierungen verschönert. Man baute von der 
andern Seite ebenfalls einen Flügel mit einem Thurme und vereinigte diese beiden 
Thürme durch eine doppelte Säulenreihe mit Vasen und Gruppen geschmückt. In den 
Hof gelangt man durch ein schönes Portal, über welches Knobelsdorf die Worte: 
„Friderico tranquillitatem colenti,“ gesetzt hat. Das Innere des Schlosses ist 
Oes er's Weltgeschichte, m. 7. Aufl. 19
	        
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