viel edles, theures Blut vergossen worden, aber die neue Zeit mit ihrer
Geistesfreiheit ist als Phönix aus der Asche emporgestiegen. Friedrich
der Große war berufen, ihr Herold zu sein, ihre Steige richtig zu
machen, und das Gewicht dieses Berufes lag schwer auf seiner Seele.
Als Friedrich am 30. März 1763 nach einer Reise durch Schlesien
in Berlin eintraf, hatten die Bürger dem geliebten Landesvater einen
festlichen Empfang zugedacht. Aber der König kam erst spät am Abend;
er hatte an diesem Tage noch das Schlachtfeld von Kunnersdorf be¬
sucht und mochte wohl dadurch auf's Neue im Innersten seines Gemüthes
erregt sein. In seinem Wagen saß der Herzog Ferdinand von Braun¬
schweig und einer von seinen Generalen. Vom Morgen bis in die
Nacht hatte ihn die Bürgerschaft am Thore erwartet. Jetzt empfing ihn
der tausendstimmige Ruf: „Es lebe der König!" und heller Fackelschein
leuchtete rings zu Seiten seines Wagens. Aber der Jubel war nicht
im Einklang mit der trüben Stimmung seines Gemüths. Er wich in
der Stadt aus, sobald er konnte, und fuhr durch einen Umweg nach
dem Schlosse.
Es wird von einigen Geschichtsschreibern erzählt, daß sich Friedrich
bald nach seiner Ankunft nach Charlottenburg begeben und Musiker und
Sänger dahin bestellt habe, mit dem Befehle. das Tedeum von Graun
in der Schloßkapelle aufzuführen. Auf solche Anordnung habe man dem
Erscheinen des ganzen Hofstaates entgegengesehen. Aber der König sei
ohne Begleitung in die Kapelle eingetreten, habe sich niedergesetzt und
das Zeichen zum Anfang gegeben. Als die Singstimmen mit den
Worten des Lobgesangs eintraten, habe er das Haupt in die Hand ge¬
stützt und geweint. Andere verlegen diese Scene einige Wochen nach
seiner Rückkehr.
Auch im Auslande schien der Friede sich befestigen zu wollen. Wäh¬
rend des siebenjährigen Krieges hatte sich auch auf dem Meere und in
den Kolonien ein Kampf zwischen England und Frankreich erhoben. In
Nordamerika wurden die Franzosen von den Engländern durch
Waffengewalt aus Canada und Neuschottland, (früher Akadien genannt)
verdrängt, wobei die nordamerikanischen Ansiedler unter Washington
und anderen Anführern den Briten treffliche Dienste leisteten.
Noch größer war der Verlust, den die Franzosen in Ostindien er¬
litten. Eine Gesellschaft von Kaufleuten, die ostindischeKompagnie
genannt, gründete hier, mit Bewilligung der Regierung, ein Reich, wel¬
ches an Größe und Reichthum das Mutterland weit übertraf. Auch
Portugal und Spanien waren in den siebenjährigen Krieg verwickelt
worden; letztes theilte meist die Niederlagen der Franzosen zur See und
in den Kolonien, während Portugal sich an England anschloß. Dieses
Bündnisses wegen rückte ein spanisches Heer in Portugal ein, um es
zu zwingen, den Engländern die Häfen zu sperren.
Oeser's Weltgeschichte. UI. 7. Aufl. 20