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Streitfragen wiederum vorgelegt werden sollten. Damals konnte der
Rath von Nürnberg über den Gang der Sache mit Recht an den Kur¬
fürsten Johann und an den Landgrafen Philipp schreiben: man erkenne
deutlich, wie die Verfolgungen des Evangeliums durch den römischen
Klerus statt zum Verderben, nur zum Nutzen, zur Vergrößerung der
christlichen Versammlung, zur Förderung und Erweiterung des gött¬
lichen Wortes gedient haben.
Indessen versuchte der Kaiser ein anderes Mittel, um an das Ziel
zu kommen. Während Erzherzog Ferdinand auf sein Geheiß einen
neuen Reichstag nach Speier ausschrieb, ließ Karl an den Bischof WxU
Helm von Straßburg und an den Herzog Heinrich von Braunschweig
die Weisung ergehen, daß jener mit den süddeutschen, dieser mir den nord¬
deutschen Fürsten in Vorbildung treten solle, damit die nöthigen Vor¬
bereitungen getroffen würden, bis er, der Kaiser selbst, von Spanien
aus über Rom nach Deutschland käme, um mit ihrem Rathe die zur
Austilgung der ketzerischen Lehre nöthigen Maßregeln zu ergreifen, dessen
sie sich mit Nächstem zu versehen hätten.
Der tiefere Sinn dieses Beschlusses, die Gründung eines katholischen
Bundes, entging den evangelischen Fürsten nicht; namentlich waren der
Landgraf von Hessen und der Kurfürst Johann darin einver¬
standen, daß ein Bündniß, welches dem Kaiser und den Regensburger
Verbündeten die Spitze biete, das einzige Mittel sei, die drohenden Ge¬
waltthätigkeiten zu beseitigen. Beide Fürsten schlossen darauf in Gotha
(Februar 1526) ein Schutz- und Trutzbündniß, welches im Mai auf dem
Schlößchen Torgau bestätigt ward und deshalb das Gotha-Tor-
gauische Bündniß heißt. In demselben ist ausdrücklich gesagt:
„Weil die Fürsten merkten, daß ihre Feinde Bündnisse machten, und
groß Geld daran steckten, um die alten Mißbräuche in der Kirche zu
erhalten, die aber, so das Wort Gottes in ihren Landen zu predigen
gestatteten, mit Krieg zu überziehen, so verbinden sie sich Niemandem zum
Verdrusse noch zuwider, nur ihre Unterthanen gegen ungerechten Krieg
zu schützen und einander beizustehen, im Falle sie der Religion und
deren anhängigen Sachen halber angegriffen werden sollten."
Der Bund verstärkte sich bald durch die Herzöge von Braunschweig-
Lüneburg Philipp, Otto, Ernst und Franz, Herzog Heinrich
von Mecklenburg, Fürst Wolfgang von Anhalt, die Grafen
Gebhard und Albrecht von Mansfeld, die Stadt Magdeburg
und späterhin, — mittelst eines Separatvertrages mit dem Kurfürsten
Johann (September 1526) — der Herzog Albrecht von Preußen.
Als jetzt der nach Speier ausgeschriebene Reichstag in das Leben
trat, halten sich die politischen Verhältnisse wesentlich geändert. Schon
war das gute Einvernehmen zwischen Kaiser und Pabst ernstlich gestört.
Karl's Verlangen nach einem allgemeinen Kirchenkoncil war dem Stuhle
Petri ein Aergerniß, da bei solcher Gelegenheit wohl alle Schäden der