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übrigen protestantischen Prälaten ihrer Bevorzugung wegen beneideten, 
halfen eifrig, die Aufhebung der anglikanischen Kirche und die Wieder¬ 
einführung der katholischen im Parlamente durchzusetzen. Dies geschah 
mit empörender Grausamkeit: der Erzbischof Cranmer, mehrere hohe 
Geistliche nebst einer Anzahl Bürger, im Ganzen gegen 270 Protestanten 
aus allen Standen, wurden auf dem Scheiterhaufen und am Galgen 
hingerichtet. Hooper, Bischof von Glocester, wurde auf einem Holzstoß 
von feuchtem Holz angebunden; der Wind stand abwärts und eine Hand 
verbrannte, daß sie niederfiel. Cranmer streckte seine rechte Hand, mit welcher 
er während des Verhörs einen Widerruf unterzeichnet hatte, zuerst in's 
Feuer und ließ sie langsam abbrennen. Kein Alter, kein Geschlecht war 
vor den Greueln dieser Religionswuth sicher. Maria glaubte durch 
diese Scheiterhaufen ein Gott wohlgefälliges Opfer anzuzünden. 
Als darauf eine Verschwörung gegen das Leben der Königin aus¬ 
brach, wollte man den Grafen Devonshire und die Prinzessin Elisabeth 
des Hochverraths beschuldigen. Ersterer rettete sich durch die Flucht nach 
den Niederlanden, nachdem er seine und der Prinzessin Unschuld er¬ 
wiesen hatte; Elisabeth wurde deßohngeachtet in den Tower gefangen 
gesetzt, wo sie von dem Ritter Benfield eine harte Behandlung erfuhr. 
Die Bosheit heimlicher Feinde ging so weit, daß Meuchelmörder ab¬ 
geschickt wurden, sie im Gefängniß zu tödten; ihr gegenüber aber verließ 
sie der Muth und sie erklärten: „ohne schriftlichen Befehl der Königin 
würden sie nimmermehr Hand an ein so liebenswürdiges Geschöpf legen." 
Elisabeth schrieb darauf einen beweglichen Brief an die Königin. Philipp 
verwendete sich sür ihre Befreiung, welche dann endlich erfolgte. Die 
Freude des Volkes, dessen Sympathien alle der Prinzessin Elisabeth an¬ 
gehörten, war unverkennbar. Wo sie sich zeigte mit ihrem blassen, geist¬ 
vollen, stolzen Angesicht, empfing sie lauter Jubel. Maria war genöthigt, 
sie als königliche Schwester zu behandeln. Sie erhielt das Schloß Hat- 
field mit einem anständigen Hofstaate und wurde später zur Prinzessin 
von Wales (oder Thronfolgerin ' ernannt. 
Maria, deren Kränklichkeit schon länger ein frühes Ende hatte ver¬ 
muthen lassen, starb 1558 ohne natürliche Erben, nach langen, qual¬ 
vollen Seelen- und Körperleiden. Der Haß ihres Volkes, die Gleich¬ 
gültigkeit ihres Gemahls, den sie trotz ihrer Allersverschiedenheit (sie 
war 11 Jahre älter als Philipp; auf's Zärtlichste liebte, vielleicht auch 
geheime Vorwürfe ihres mit so viel vergossenem Blute belasteten Ge¬ 
wissens, hatten ihre letzten Jahre mit schwerem Kummer verbittert. 
Kaum hatte sie die Äugen geschlossen, so wurde Elisabeth im Triumphe 
nach London geführt und sowohl vom Parlamente, als auch vom ganzen 
Volke zur Königin ausgerufen. Von allen Seiten wurde sie mit Jubel 
begrüßt. Sogar Philipp, der sich nach dem Tode seiner Gemahlin in 
sein Erbkönigreich Spanien begeben hatte, ließ sie durch seine Gesandten 
bewillkommnen und ihr zugleich seine Hand anbieten. Aus diesen Antrag
	        
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