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Deutsche Geschichte bis zur Gründung des nationalen Staats 919.
mit den spanischen Völkerschaften. Von dort zurückgekehrt, entschlossen sie
sich jetzt endlich in Italien einzufallen; die Teutonen zogen den Rhonefluß
abwärts, die Kimbern durch das heutige Tirol über den Brennerpaß.
Indessen hatten die von dem „kimbrischen Schrecken" erfüllten Römer
ihren tüchtigsten Feldherrn, Gajus Marius, Jahr für Jahr zum
Konsul gewählt. Dessen erste Aufgabe hatte darin bestanden, in dem zucht-
losen Heere die Ordnung wiederherzustellen. Dann erwartete er in dem
südlichen Gallien die Teutonen, ohne es anfangs zu wagen, ihnen im
offenen Felde eine Schlacht zu liefern. Auch als sie, den Soldaten Hohn¬
worte zurufend, am römischen Lager vorüber nach Süden zogen, folgte er
ihnen nur mit größter Vorficht, indem er in jeder Nacht sein Lager auf
Aqua einer Anhöhe aufschlug. Als dann bei Aqua Sextiä, dem heutigen
(ScyttcL
102. Aix in der Provence, die Heere einander gegenüber lagen, kam es zuerst
beim Wasserholen zwischen den Römern und der Völkerschaft der Am-
bronen, die sich an die Teutonen angeschlossen hatten, zu einem Treffen,
in welchem die letzteren besiegt wurden. In den nächsten Nächten erscholl
die Totenklage der Germanen furchtbar durch die Lüste; dann schritten die
Teutonen zur Entscheidungsschlacht. Gewaltig war ihr Austum. Aber
die Römer hatten auf Anhöhen eine günstige Stellung und wiesen ihre
Angriffe zurück; und als die Kraft der Germanen erlahmte, stel ihnen eine
römische Abteilung in den Rücken und entschied den Sieg. Der blutigen
Schlacht folgte die nicht minder blutige Erstürmung des Lagers; die Teutonen
wurden vernichtet.
Glücklicher waren indessen die Kimbern gewesen, die ans dem Etsch-
tale hervorgebrochen warm und den ihnen gegenüberstehenden Konsul
Lutatius Catulus über den Po zurückgedrängt hatten. Mit diesem
vereinigte sich im nächsten Jahre Marius. Noch einmal wandten sich die
Kimbern an den römischen Feldherrn mit der Bitte um Land für sich und
ihre Brüder, die Teutonen; „jene haben Land genug von uns erhalten",
antwortete er spottend und ließ ihnen zugleich gesungene teutonische Haupt-
linge vorführen. Da entschlossen sie sich zum Kampfe. Am verabredeten
Tage und verabredeten Orte, auf den raudischen Feldern bei
Vercellä.Vercellä, fand die Schlacht statt; in einem mächtigen Viereck, in dessen
10L vordersten Gliedern sich die Krieger mit Ketten aneinander geschlossen hatten,
drangen die Germanen heran; aber nach blutigem Ringen endete auch diese
Schlacht mit dem völligen Siege der Römer, die den Vorteil der besseren
Führung, Bewaffnung und Kriegszucht hatten und die Glut der Sonne
leichter ertrugen. Bei der Verteidigung der Wagenburg, welche das Lager
umschloß, beteiligten sich auch die Frauen, von denen sich viele, um nicht in