Full text: Deutsche Geschichte für die mittleren Klassen (Teil 2)

Die Besieguiig Preußens. 1806 —1807. 219 
deutschen Reiches. Im August 1806 legte der deutsche Kaiser 
Franz II. die deutsche Kaiserkrone nieder; das Reich, das einst die Sachsen- 
kaiser geschaffen hatten, hatte aufgehört zu sein. Schon im Jahre 1804 
hatte Franz den Titel eines Kaisers von Österreich angenommen; er 
heißt als solcher Franz I. 
Die Besiegmu? Preußens. 1806 —1807. 
§ 2111. Friedrich Wilhelm II. und Friedrich Wilhelm TU. Unter 
Friedrich Wilhelm II. hatte sich der preußische Staat beträchtlich 
vergrößert. Zunächst waren die beiden Fürstentümer Ansbach und Bay- 
reuth, der bisherige Besitz der fränkischen Hohenzollern, an Preußen ge- 
fallen, das so in Süddeutschland Fuß faßte. Dann hatte es durch die beiden 
polnischen Teilungen etwa 2000 Quadratmeilen Landes erworben, 
wodurch es bis auf 5600 Quadratmeilen anwuchs. Aber dieser starke Zu- 
wachs polnischen Gebiets machte Preußen zu einem Halbslavischen Staat; 
es war in Gefahr, wie Osterreich aus Deutschland herauszuwachsen. Die 
Teilnahme des Königs am ersten Koalitionskriege war ferner völlig erfolg- 
los; ja, im Frieden von Basel gab er 1795 seine Zustimmung zur 
Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich. Dazu ergaben sich im Inneren 
mancherlei Mißstände. Die Verwaltung, die unter Friedrich dem Großen 
so sparsam gewesen war, wurde verschwenderisch, die Finanzen gerieten in 
Unordnung, Günstlinge herrschten, wo unter dem großen König nur das 
Staatswohl gegolten hatte. Preußen verlor trotz seiner Vergrößerung an 
innerer Kraft und äußerem Ansehen. 
Friedrich Wilhelm III. war in Charakter und Lebensauffassung 
von seinem Vater sehr verschieden. Er war ein Fürst von äußerster Pflicht- 1-797 bis 
treue, der sein königliches Amt mit größtem Ernst auffaßte und es in selbst- 184ü" 
losester Weise geführt hat; in ihm wohnte ein gerechter Sinn, eine tiefe 
und herzliche Frömmigkeit, eine starke Neigung zum Schlichten und Ein- 
fachen. Aber mit diesen Zügen verband sich in seinem Wesen eine übergroße 
Vorsicht, eine Scheu vor folgenschweren Entschlüssen. Er zog sich gern aus 
dem politischen Treiben in die Stille zurück und führte an der Seite feiner 
schönen und edlen Gemahlin Luise, einer Prinzessin von Mecklenburg- 
Strelitz, ein äußerst glückliches Familienleben. Dem Staat glaubte er am 
besten zu Merten, wenn er nach Kräften den Frieden wahrte. Leider wurden 
indessen die inneren Reformen, welche die Vergrößerung des Staates und 
die veränderten Zustände forderten, nicht durchgeführt. Insbesondere wurde 
die Armee nicht fortgebildet, obwohl man auf eilten kriegerischen Zu- Die Armee, 
sammenstoß mit dem eroberungslustigen Frankreich hätte rechnen können; sie
	        
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