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denselben nach dem Tempel der Athene zu führen. Zu ihrer
Bestürzung sahen sie, wie dieser vertraulich mit einem ihrer
Anhänger sprach und glaubten, verrathen zu sein. Sie eilten
deshalb zurück, um wenigstens an Hipparch Rache zu nehmen.
Den trafen sie auf dem Platze Leokorion, wo sie ihn auf der
Stelle überfielen und mordeten. Harmodius wurde im Ge¬
dränge von den Trabanten Hipparch's niedergehauen; Aristogi-
ton entwischte zwar im Tumulte, wurde aber wieder eingefan-
gen und vor den Hippias geführt Dieser ließ ihn auf die
Folter spannen, um seine Mitverschworenen zu erfahren. Aus
Rache aber gab er als solche alle Freunde des Tyrannen an.
Diese wurden augenblicklich herbeigeholt und hingerichtet. So
beraubte Hippias sich selbst seiner treuesten Anhänger jund er¬
leichterte dadurch die Staatsumwälzung. Nachdem Aristoglton
unter gräßlichen Martern hingerichtet war, wurde auch ein ge-
wisses Mädchen, mit Namen Leäna, die für eine Freundin
des Aristoglton und Mitwisserin seiner Verschwörung galt, auf
die Folter gespannt. Im Übermaße der Schmerzen fürchtete
diese, ihr Geheimniß zu verrathen; sie biß sich die Zunge ab
und spie sie dem Tyrannen in's Gesicht.
Seit der Zeit regierte Hippias mit eiserner Gewalt Er
beschloß, durch Schrecken eine Macht zu behaupten, die in der
Milde keine Sicherheit hatte finden können, und ließ aus miß-
trauischer Furcht einen Verdächtigen nach dem anderen ermorden.
Auch sah er sich nach auswärtiger Hülfe um und knüpfte mit
den Spartanern Verbindung an; dann vermählte er sogar seine
Tochter mit dem Tyrannen von Lampsakus, um durch diesen
auch mit dem Perserkörn'ge in Verbindung zu kommen. Allein
solche Maßregeln des Schreckens machten seine Regierung all-
gemein verhaßt und beschleunigten den Sturz derselben. Durch
eine besondere Fügung des Schicksals wurden gerade die Spar-
taner, auf welche er zunächst seine Hoffnung gestützt hatte, die
Urheber seines Verderbens.
Die Alkmäoniden oder die Familie des Megakles, wel-
che von ihrem großen Ahnherrn Alkmäon jenen Namen führte,
waren schon unter Pisiftratus aus Athen geflüchtet und lebten
jetzt mit ihren Anhängern und Freunden als Verbannte in Ma-
cedomen Hier sammelten sie alle mißvergnügte Athener um