Full text: Geschichte der Griechen für Gymnasien und Realschulen

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den Launen derselben ab, und mit derZügellosigkeit der gebietenden 
Wettherren steigerte sich das Elend in den Provinzen. Dazu kam, 
daß bereits seit dem Anlange des dritten Jahrhunderts nach Chr. 
d.e Gothen und andere Schwärme der Barbaren stürmend in Grie¬ 
chentand eindrangen und das unglückliche Land nach allen Rich- 
tungen hin verheerten. Während es so in politischer Beziehung ein 
Bild trostloser Zerrüttung darbot, begannen auch, seit der Ein- 
sührung des Chnsteuthumes durch den Apostel Paulus, vielfache 
kirchliche Streitigkeiten, die immer zunahmen und mehre Religions- 
Parteien hervorriefen, welche sich auf das Wüthendste haßten und 
verfolgten. Unter Konstantin dem Großen, der auch die christliche 
Religion zur Staatsreligion machte, wurde das alte Byzanz zur 
Residenzstadt erhoben (330 u. Chr.) und nach ihm Konstanti- 
nopel genannt. Durch diese Erhebung gewann Griechenland zwar 
im Ganzen einige Vortheile, jedoch nicht eine solche Einheit, um den 
fortwährenden Stürmen der Barbaren mit Erfolg die Spitze bieten 
zu können. Noch unter Konstantin wurden Gothen in Thracien 
und Macedonien aufgenommen. Nach seinem Tode wuchs mit den 
Streitigkeiten im Inneren der Andrang immer neuer Barbaren- 
schwärme gegen die Grenzen des Reiches. Eist der Kaiser Theo- 
dosius stellte einiger Maßen die Ruhe und Sicherheit wieder her 
und theilte kurz vor seinem Tode, im Jahre 355 nach Chr., das 
Reich unter seine beiden Söhne, Hon onus und Arkadius, so, 
daß elfterer die westlichen Provinzen mit der Hauptstadt R o m, 
Arkadius die östlichen mit der Hauptstadt Kon stantinop el er- 
hielt. Zwar sollten nach des Kaisers Absicht beide Theile noch 
immer ein Ganzes bilden; sie sind aber nie wieder vereint worden. 
Das oströmische Reich, zu welchem Griechenland gehörte, führte 
auch wohl den Namen „griechisches Kaiserreich". 
Die Geschichte dieses Reiches ist eine fast ununterbrochene Kette 
von Verbrechen aller Art. Der Geist des Volkes wurde durch die 
Schlechtigkeit seiner Herrscher immer tiefer herabgedrückt, und durch 
die religiösen Spaltungen dem Hasse und Fanatismus Thür und 
Thor geöffnet. Nur selten erhoben sich kraftvolle Kaiser zur Steue- 
rung des Verderbens. Allein was sie schufen, konnte nicht von Be¬ 
stand sein; denn in der Regel wurden sie durch Dolche oder Gift 
mitten aus ihren Schöpfungen wieder fortgerissen. Dazu steigerte 
der fortwährende Andrang der Völker aus Asien das Elend zu 
einer furchtbaren Höhe. So bietet fast die ganze Geschichte des grie- 
chischen Kaiserreiches nur ein Bild trostloser Verwirrung dar; und 
es ist nur zu verwundern, daß sich das morsche Gebäude ungeachtet 
der vielen und mannigfaltigen Stürme der Zeit noch tausend Jahre 
hielt, bevor es in Trümmer auseinander fiel. Schon unter den 
Söhnen des Theodosius würbe bas Reich, insbesondere Griechen- 
lanb, von Alarich, bem Könige der Westgothen, furchtbar ver- 
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