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die Rückkehr zu den reinen griechischen Formen eingeleitet und
einen neuen Humanismus heraufgeführt. Goethe und Schiller
sollten auf diesen Bahnen zu ihren unsterblichen Meisterwerken
gelangen. 1787, ein Jahr nach Friedrichs d. Gr. Tode, erschien
Goethes „Iphigenie" und Schillers „Dou Carlos".
Auch Deutschland hatte im Zeitalter Friedrichs des Großen §. 193.
sein Zeitalter der Aufklärung. Die erleuchtetsten Geister des
Jahrhunderts gingen über die Schranken der geoffenbarten Religionen
und der Nationalitäten hinweg; sie suchten das wahrhaft Göttliche
im Menschen in dem sittlichen Ideale, das in ihm lebendig ist:
Gut handeln ist das Lebensziel des Menschen; Gottes Leitung ist
die Quelle alles dessen, was geschieht.
Diese religiöse Duldsamkeit (Toleranz) predigt Lessing in
„Rathan dem Weisen" (1779).
Auch Herder verficht diese Gedanken; Humanität ist das
Ziel alles Menschendaseins; Jesus preist er als dm geistigen Er-
rettet unseres Geschlechts.
Der Königsberger Philosoph Kant kämpfte gegen die ober-
slächlichen Aufklärungsphilosophen, welche meinten, daß man die
wichtigsten Wahrheiten der Religion, die Unsterblichkeit der Seele,
die Freiheit des menschlichen Willens, das Dasein Gottes, mit
Vernunftgründen beweisen könne. Kant wollte das Wissen auf-
heben, um für den Glauben Platz zu erhalten. Aus der inneren
Stimme, welche dem Menschen sagt „du sollst" baute er jene
höchsten Wahrheiten der Religion wieder auf (1788). Anstatt der
Begriffe „Glückseligkeit und Wohlleben" führte er den Begriff der
„Pflicht", der dem Jahrhundert fast verloren gegangen war, wieder
zurück (denke an den großen König!). Aus Pflicht handeln heißt,
das Gute um des Guten willen thuu. „Handle so, daß das Gesetz
deines Handelns allgemeines Gesetz werden könnte!" und
„Handle so, daß, wenn alle so handelten wie du, es um das
Ganze wohl stände!"
Ostreich unter Joseph II.
Einer der begeistertsten Verehrer der Fürsten- und Feldherrn- §. 194.
große Friedrichs II. war Kaiser Joseph II., der 1780 durch den
Tod seiner Mutter Maria Theresia auf den östreichischen Thron
gelangte.
Das Toleranzedikt gewährte den Nichtkatholiken freie
Religionsübung und schränkte den Einfluß des Papstes auf die