Full text: Geschichtliches Hülfsbuch für die oberen Klassen der höheren Mädchenschulen

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Die Inder lebten in vielen despotisch regierten Reichen; gegen- 
über der rohen Urbevölkerung und unter sich schlössen sie sich durch 
die liebloseste Kasteuordnnng ob. Die erste Kaste umfaßte die 
Priester, die Brahmanen; diese beherrschten durch strenge Satzungen 
über Gebete, Opfer und Bußübungen das religiöse und staatliche 
Leben. An die Stelle der alten Naturgötter war Brahma getreten, 
ursprünglich der Gott des Gebetes und der geheimnisvollen Ge- 
brauche des Gottesdienstes, später als Weltenschöpfer und als All- 
seele verehrt. Brahma ist nach der Lehre der Brahmanen das 
einzig Seiende, die Welt der Sinne ein Scheingebilde; die mensch- 
liche Seele ist unzerstörbar, sie wird durch die ihr anhaftende Sünde 
zu einer rastlosen Erneuerung in Menschen- und Tierleibern ge- 
zwnngen. Das höchste Streben des Menschen gilt der Befreiung 
von den Schrecken dieser Seelenwanderung; als Mittel dazu dienen 
die Gebete und Opfer der Brahmanen. 
§• 13- Um 600 v. Ch. trat Buddha, ein Königssohn, als Reformator 
auf. Er verkündete seine Lehre an alle ohne Unterschied der Stände, 
an die gesamte Menschheit: Nicht Gebete und Opfer erlösen' die 
Seele von der ewigen Erneuerung, sondern Entsagung und regnngs- 
loses Versenken in sich selbst (Nirvana); vor allem wird tilgend- 
Haftes Leben zur Pflicht gemacht. Die Sittenlehre Buddhas hat 
vieles mit der christlichen gemein. Der Buddhismus mußte in 
Vorderindien dem Brahmanentnm nach langen Kämpfen weichen; 
er hielt sich nur auf Ceylon, drang aber dafür in Hinterindien, 
Tibet, China und Japan ein; freilich sank er in diesen Ländern 
zu einer äußerlichen Verehrung des großen Religionsstifters herab. 
Die heiligen Schriften der Inder, die Ved en, sind im Sanskrit, 
der ältesten der indoeuropäischen Sprachen, geschrieben. 
Von der großartigen Banthätigkeit der Inder legen die ge- 
waltigen Felsentempel von Ellorah und die auf der Insel Ele- 
phanta bei Bombay sowie die Pagoden, pyramidenförmige Frei- 
bauten, noch heute Zeugnis ab. 
§• 14. Die Inder hatten in ihrem paradiesischen Gangesthal eine zu 
uuthätigem Grübeln und ausschweifender Phantastik hinneigende 
Gemütsart angenommen. Dagegen bewahrten die iranischen Stämme, 
die rings von einer feindlichen Natur umgeben waren, die der 
arischen Familie eingeborene frische Kraft. Die Hauptstämme der 
Jrauier sind die Baktrer, die Meder und die Perser. 
Die älteste Religion dieser Stämme bestand wie bei den Indern 
in einem Naturdieust; außer der Sonne, der Erde, dem fließenden
	        
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