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Erster Zeitraum.
Von der Völkerwanderung bis zur Entstehung eines
selbständigen deutschen Reiches. 375—843.
L Die Völkerwanderung.
§. 90. Mit der Völkerwanderung beginnt die eigentliche Geschichte
der germanischen Völker; die alte endet.
375 dringen die Hunnen, ein mongolisches Reitervolk, aus
Jnnerasien nach Südrußland vor. Die christlichen Westgoten
(Arianer; Bischof Ulsilas, Übersetzer der Bibel) gehen über die
Donau und erhalten Land vom römischen Kaiser. Aber unter
ihrem König Alarich durchziehen sie verwüstend die Balkanhalbinsel
bis nach Griechenland hinein (Untergang vieler Kunstwerke!), dann
nach Italien. 410 Eroberung und Plünderung Roms. Alarich
stirbt plötzlich bei Cosenza in Unteritalien (Platen, Das Grab im
Bnsento). Seine Nachfolger ziehen nach Südgallien und gründen
hier und in Spanien ein großes Westgotenreich mit der Hauptstadt
Toulouse.
Die (christlichen) Vandalen hatten sich in Spanien nieder-
gelassen. 429 ziehen sie nach Nordafrika und gründen dort ein
Reich mit der Hauptstadt Karthago. 455 plündern sie Rom auf
furchtbare Weise (Wandalismus).
Um 450 setzen die (heidnischen) Angelsachsen von den Küsten
der Nordsee unter Hengist und Horsa (woran erinnern die Namen?)
nach Britannien über; sie unterstützen die christlichen Briten gegen
die wilden Völker von Hochschottland. Im Laufe der Zeit gründen
sie sieben angelsächsische Königreiche; die Briten halten sich in Wales
und Cornwallis oder gehen nach der nordwestlichen Halbinsel
Frankreichs (welchen Namen erhält dieselbe?). Aus den Angelsachsen
ist später das englische Volk erwachsen.
§. 91. Der zweite Abschnitt der Völkerwanderung beginnt mit einem
abermaligen Ansturm der Hunnen. Ihr König Attila (Etzel)
bricht von Ungarn gegen Gallien aus, wird aber 451 bei Chalous
(a. d. Marne) von Römern und Westgoten geschlagen.^) Rettung
der abendländischen Gesittung vor asiatischer Barbarei. Attila bricht
in Italien ein (Gründung Venedigs auf den Lagunen), wird
*) Kaulbachs Wandgemälde im Treppenhause des Neuen Museums
in Berlin.