Sparta. Die lykurgische Verfassung.
143
gesunden blieben unter Obhut der Mutter bis zum siebenten Lebensjahre.
Dann kamen sie in die Erziehungshäuser, wo sie, in Riegen und Rotten
(Agelai oder Buai und Ilm) geteilt, unter Aufsicht und auf Kosten des
Staates erzogen wurden. Sie lernten hier das Alter ehren, die Wahrheit
reden, den Schmerz ertragen, Hunger, Durst, Kälte für nichts achten und
übten sich im Ringen, Schwimmen, Wersen u. s. w. Vom zwölften Jahre
an trugen sie kein Untergewand mehr und schliefen auf bloßem Eurotasschils.
Zum Beweis ihrer Ausdauer in Ertragung körperlicher Schmerzen ließen sich
alljährlich 15- oder 16jährige Knaben am Altare der Artemis bis aufs Blut
peitschen; wer am längsten aushielt, war der Bomomkes, d. i. Altarsieger.
Vom 18. bis zum 20. Jahre lagen die Jünglinge hauptsächlich Waffen-
Übungen ob und leisteten z. B. bei der Kryptia militärische Dienste, durften
auch zu bestimmten Zeiten Jagd als eine Vorübung für den Krieg betreiben.
Auch listiger Diebstahl von Lebensmitteln war als Vorschule zu Kriegslisten
gestattet; den entdeckten oder ertappten Schelm aber traf empfindliche Strafe.
Bescheidenheit und Besonnenheit sowie Kürze im Reden, Gehorsam und Ehr-
furcht gegen Obere und Greise waren die zu erstrebenden Tugenden. Die
Ausbildung für den Beruf des Kriegers ließ keine Beschäftigung mit Künsten
und Wissenschaften zu, sie müßten denn gerade wieder dem hphern Zweck der
Wahrhaftigkeit und Vaterlandsliebe gedient haben. Daher lernten Knaben
und Jünglinge die Gesetze der Vaterstadt, sangen in Liedern die Geschichte
der Ahnen und in Lobgesängen den Preis der Götter. Mit dem 20. Jahre
begann die Verpflichtung zum Kriegsdienst, die bis zum 60. dauerte; zugleich
trat der junge Krieger in eine Zeltgenossenschaft ein, nahm also an den
erwähnten Svssitien oder Pheiditien teil, für die er seinen Beitrag an
Naturalien und Geld zu liefern hatte. Das Hauptgericht war die Bapha
oder Haimatia, eine Art Schweineschwarzsauer, Schweinefleisch mit Blut, Essig
und Salz gekocht, dazu gab es einen Becher Wein und Gerstenbrot. Außer der
berühmten „schwarzen Suppe" gab es aber auch öfters ein gespendetes Sonder¬
gericht von Wildbret oder von einem Opfertier, auch Nachtisch von Käse,
Feigen und Oliven. So mager war also die Kost nicht. Die Opfermahl-
zeiten gewährten Abwechslung und neben geistiger Erhebung durch Gesänge
und Festzüge auch leiblichen Genuß. Die Wohnungen waren Blockhäuser;
nur Axt und Säge durften bei ihrem Bau gebraucht werden. Jede Familie
hatte ein Staatslehen (Kleros), das unveräußerlich und unteilbar war.
Kein Kleros durfte durch Heirat einer Erbtochter mit einem andern Kleros
vereint werden; daher sorgte das Gesetz für die Verheiratung der Erbtöchter
und kinderlosen Witwen. Kein Spartiate bebaute sein Feld selbst oder trieb
ein Gewerbe. Dafür waren die Heloten oder Periöken da. In Kriegszeiten
wurden zwar, wie angedeutet, auch diese beiden Bevölkerungsklassen als Leicht-