Full text: Geschichte des Altertums (Teil 1)

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Das Altertum. Die Römer. 
fanden sie auf e i n e r Heerstraße nicht hinlänglichen Raum für ihre unzähligen 
Karren, in derselben anliegenden Landschaft für Menschen und Vieh nicht 
ausreichende Nahrung. Die Teutonen und keltischen Ambronen wollten 
über die Niedern Seealpen oder an der ligurischen Küste vorbei in Italien 
einbrechen; die Kimbern wandten sich östlich, um durch die tirolischen Pässe 
des Brenner, der Eisack und Etsch in die Po-Ebene einzufallen. 
Unterdessen hatten sich die Verhältnisse bei den Römern geändert. Die 
demokratische Partei hatte es durchgesetzt, daß ihr Mann, Gajus Marius, 
trotz des Gesetzes, wonach es nicht gestattet war, das Konsulat mehr als 
einmal zu bekleiden, im Jahre 104 sein zweites Konsulat antrat und nun 
fünf Jahre hintereinander jedesmal zum Konsul gewählt wurde. Derselbe 
hatte sich sofort in die provincia Narbonensis begeben, die Herrschaft bei 
den gallischen und ligurischen Stämmen aufs neue befestigt und das Heer durch 
die Einteilung der Legion in 10 Kohorten zu je 600 Mann und die 
Einführung des Pilums für alle Legionen völlig umgestaltet. Die zerrüttete 
Mannszucht wurde wiederhergestellt, das Heer durch die Aufnahme der Be- 
sitzlosen (capite censi) zum Söldnerheer verändert, durch Märsche und 
Felddienstübungen geschult, Mut und Zuversicht gehoben. Die Anlage eines 
Rhonekanals nach dem Meere, der fossa Mariana, beschäftigte die Soldaten 
und sicherte die Verproviantierung. An dem Einfluß der Jjere in die Rhone 
bezog er ein befestigtes Lager, welches die Teutonen unter höhnender Heraus- 
forderung zum Waffengang vergeblich bestürmten. So gewöhnte Marius 
seine Truppen an den Anblick und die Fechtweise der gefürchteten Feinde. 
Dann zog er ihnen langsam nach und vernichtete sie in der zweitägigen 
Schlacht bei Aqua Sextiä (Aix-en-Provence) 102. 
Währenddessen hatten die Kimbern Helvetien und Rätien umgangen 
und drangen aus Tirol in das oberitalische Etschthal vor. Das Heer unter 
Q. Lutatius Catulus, welches dort stand, lief schon bei dem Anblicke der 
Feinde davon. So mußte Marius, jetzt zum fünftenmal Konsul, abermals 
helfen; den 30. Juli 101 erfocht er in einer sehr gefährlichen Schlacht einen 
großen Sieg in der Raudischen Ebene bei Vercellä und rieb auch die 
Kimbern auf. Er wurde als der dritte Gründer Roms gepriesen und 
feierte einen glänzenden Triumph, bei welchem die Römer besonders die furcht- 
bare Größe des Teutonenherzogs Teutobod bewunderten, von dem sie erzählten, 
er habe über sechs nebeneinandergestellte Pferde wegspringen können. Die 
Römer hatten zum erstenmal erfahren, welche Völker jenseits der Alpen 
wohnten, und daß mit Karthago noch nicht jeder furchtbare Feind ver- 
nichtet sei.
	        
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